Vielerorts wird darüber diskutiert, ob der 31. 10. ein gesetzlicher Feiertag werden soll. Zwei Kommentare in der Wilhelmshavener Zeitung haben sich damit beschäftigt. Wir dokumentieren hier den Leserbrief einer Pastorin. Zu den Artikeln von Michael Konken und Lutz Bauermeister über den Reformationstag als geplanten arbeitsfreien Feiertag (WZ vom 5. bzw. 6. Juni)
LESERBRIEF:
In vielen Bundesländern ist der Reformationstag kein gesetzlich geschützter arbeitsfreier Feiertag mehr. Das Jubiläum dieses Gedenktages brachte ein gewisses Umdenken mit sich. Dies wurde unterstützt durch viele Veranstaltungen und einen zahlreichen Gottesdienstbesuch an diesem Tag. Auch in Niedersachsen plant die Landesregierung, den Reformationstag wieder zum gesetzlich geschützten und arbeitsfreien Feiertag zu erklären.
Die Artikelschreiber sprachen sich vehement gegen diese Planung aus. Das ist ihr gutes Recht. Allerdings ist die jeweilige Begründung fragwürdig.
- Der Reformationstag heißt Reformationstag und nicht Luthertag: Die Reformation läutete weit über kirchliche Differenzen hinaus einen Paradigmenwechsel in der europäischen Geschichte ein, gekennzeichnet u.a. durch ein Aufbegehren gegen Papst, Kaiser und zum Teil auch gegen jede Autoritäten. In Süddeutschland, in Genf und in weiteren Bereichen wurden dabei andere Schwerpunkte gesetzt.
- Martin Luther wetterte (nach positiven frühen Äußerungen) später gegen Juden (und auch Türken). Von diesen Äußerungen hat sich die evangelische Kirche – bei allem Verständnis für Luther als Kind seiner Zeit – eindeutig distanziert. Auch diese Distanzierung ist eine Wirkung der Reformation.
Trotzdem bleiben Luthers herausragenden Leistungen im Hinblick auf die Entwicklung der deutschen Sprache, auf die Musik und die bildende Kunst sowie auf die allgemeine Bildung (z. B. Forderung nach schulischer Bildung, auch für Mädchen) bestehen. Luther hat weit über kirchliche oder konfessionelle Grenzen den Übergang zur Neuzeit mitgeprägt.
- Deutschland ist ein stark durch das Christentum geprägter (nicht streng laizistischer) Staat mit einer Verfassung, deren Präambel lautet: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“, in der die ungestörte Religionsausübung gewährleistet ist (GG4,2). In ihm sollte der Reformationstag als gesetzlich geschützter Feiertag für alle Menschen als ein ernsthafter Tag der Besinnung auf eine wesentliche Epoche der europäischen Geschichte (ohne Alaaf) feierlich begangen werden
Doris Semmler, WHV