Kita-Beiträge belasten laut einer neuen Elternbefragung vor allem arme Haushalte. Sie müssen deutlich größere Anteile ihres Einkommens investieren als besser gestellte Familien. Große Unterschiede gibt es auch zwischen den Bundesländern.

Hannover/Bremen (epd). Ärmere Familien werden in Deutschland einer aktuellen Studie zufolge von den Kita-Beiträgen weitaus stärker belastet als besser gestellte Familien. Haushalte unterhalb der Grenze zum Armutsrisiko müssten einen fast doppelt so hohen Anteil ihres Einkommens für den Kindertagesstätten-Beitrag aufbringen wie wohlhabendere Eltern, erläuterte die Bertelsmann Stiftung am Montag in Gütersloh bei der Vorstellung der neuen Studie «Eltern-Zoom». Sie präsentierte dazu auch Zahlen für Niedersachsen und Bremen. Beide Länder wollen die Beiträge für Kinder ab drei Jahren demnächst abschaffen.

Nach der Studie zahlen Eltern mit weniger als 60 Prozent eines durchschnittlichen Einkommens derzeit etwa zehn Prozent ihres Einkommens für den Kita-Besuch ihrer Kinder – im Bundesdurchschnitt 118 Euro. Besser gestellte Eltern zahlten zwar im Schnitt 178 Euro, das seien jedoch nur rund fünf Prozent ihres Einkommens.

Auch bei den Zusatzkosten, etwa für Ausflüge, Verpflegung oder Bastelmaterialien würden ärmere Haushalte im bundesweiten Durchschnitt mehr als doppelt so stark belastet wie wohlhabendere Haushalte, erläuterten die Autoren der Studie. So wendeten ärmere Familien dafür 3,3 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens auf. Bei wohlhabenderen Familien seien das lediglich 1,4 Prozent ihres Einkommens. Diese Zusatzgebühren würden unabhängig von der finanziellen Lage der Familie mit monatlich rund 45 Euro veranschlagt.

Der Untersuchung zufolge zahlen in Niedersachsen 81 Prozent der Eltern derzeit einen Kita-Beitrag, 19 Prozent sind befreit. Im Land Bremen zahlen 78 Prozent der Eltern. Niedersachsen will bereits zum August 2018 die Kindergarten-Gebühren abschaffen, Bremen im August 2019. Eltern von Krippenkindern unter drei Jahren müssen aber weiter zahlen. Auch andere Bundesländer erwägen den beitragsfreien Kindergarten.

Trotz der Belastung durch Kita-Beiträge und Zusatzgebühren wäre laut Studie die Mehrheit der Eltern unabhängig vom Einkommen bereit, für eine bessere Qualität noch höhere Kita-Beiträge zu bezahlen. Bundesweit würden 59 Prozent der Eltern oberhalb, aber auch 53 Prozent der Eltern unterhalb der Armutsrisikogrenze für mehr Personal und bessere Ausstattung auch höhere Beiträge akzeptieren, erklärte die Stiftung.

In Niedersachsen würden 56 Prozent der Eltern für mehr Qualität zahlen, in Bremen 55 Prozent. Die Forscher befragten in Niedersachsen 997 Eltern mit Kindern bis zu sieben Jahren, in Bremen 152 Eltern.

Für eine generelle Beitragsfreiheit müsste der Staat Berechnungen der Bertelsmann Stiftung zufolge jährlich rund 5,7 Milliarden Euro aufbringen, für Zusatzgebühren weitere 1,6 Milliarden Euro. Derzeit haben 17 Prozent der Eltern der Befragung zufolge ein Haushaltseinkommen unterhalb der Grenze zum Armutsrisiko. Zwei Drittel von ihnen zahlen Kita-Beiträge.

Bei der Erhebung von Kita-Beiträgen gibt es der Umfrage zufolge zwischen den Bundesländern große Unterschiede. In Berlin gebe es bereits weitgehend Beitragsfreiheit. Die Kosten für Kita-Betreuung machten dort nur rund zwei Prozent eines durchschnittlichen Haushaltseinkommens aus. Zugleich sei die Qualität der Krippengruppen, gemessen am Personalschlüssel, in Berlin deutlich schlechter als im Bundesdurchschnitt. In Baden-Württemberg seien die Personalschlüssel hingegen bundesweit die besten. Hier beteiligen sich Eltern mit rund sieben Prozent eines durchschnittlichen Haushaltseinkommens an der Kita-Finanzierung.

Die Bertelsmann Stiftung kritisierte, dass der Wohnort maßgeblich über die finanzielle Belastung der Eltern entscheide. Vorstand Jörg Dräger plädierte für bundesweit einheitliche Beiträge. Armutsgefährdete Eltern sollten vollständig von Beiträgen und Zusatzgebühren befreit werden. Eine generelle Beitragsfreiheit sieht Dräger skeptisch: Bundesweit fehlten Erzieherinnen und Erzieher, und die Betreuungsschlüssel stimmten in vielen Kitas nicht. Jetzt alle Eltern zu entlasten, würde den politischen Handlungsspielraum für den Qualitätsausbau unnötig verengen.

Für die Untersuchung wurden über ein Internetportal rund 4.670 Befragungen ausgeführt. Zudem wurden rund 5.800 Eltern über Aushänge in Kitas sowie über Anzeigen in Zeitschriften für die Befragung herangezogen.

Source: Kirche-Oldenburg