Hannover (epd). Menschen mit Depressionen sind einer niedersächsischen Studie zufolge unzureichend versorgt. Es seien «klare Defizite in der Versorgung» zu erkennen, da insbesondere schwer betroffene Patienten sowohl medikamentös als auch psychotherapeutisch versorgt werden sollten, sagte Professor Kai Kahl, leitender Oberarzt an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), am Dienstag. Von den Patienten mit einer schweren Depressionsdiagnose hätten lediglich 40 Prozent Kontakt zu einem spezialisierten Facharzt, jeder zehnte Patient erhielt eine umfassende psychotherapeutische Versorgung und rund 60 Prozent bekamen Antidepressiva.

Für die Studie wurden die Daten von mehr als 285.000 Menschen mit einer diagnostizierten Depression im Jahr 2018 ausgewertet. Beteiligt waren Versorgungsforscher der Krankenkasse AOK Niedersachsen mit Experten der MHH, der Leibniz Universität Hannover und der Ostfalia Hochschule Wolfsburg. Die Ergebnisse der Studie wurden im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht.

Insgesamt war für 78 Prozent der Betroffenen die zentrale Anlaufstelle der Hausarzt, hieß es. Jeder fünfte Patient habe einen spezialisierten Facharzt wie Psychiater oder Nervenarzt aufgesucht und nur jeder 20. Patient habe Kontakt zu einem psychologischen Psychotherapeuten gehabt. Die Ursachen ließen sich anhand der genutzten Daten nicht feststellen. Den Wissenschaftlern zufolge spielten verschiedene Faktoren eine Rolle, wie eine unzureichende Diagnostik, eine Ablehnung von Medikamenten oder therapeutischer Behandlung oder ein struktureller mangelnder Zugang zu Spezialisten verbunden mit Wartezeiten.

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Studie: Versorgung von Depressionen unzureichend