Bremen (epd). Der katholische Theologe Peter Kossen hat vor den Folgen der schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen für Leiharbeiter in der Fleischindustrie auf die Gesellschaft gewarnt. Wenn sich an der unmenschlichen Behandlung der meist aus Osteuropa stammenden Arbeiter durch die Arbeitgeber nichts ändere, «dann schafft man irgendwann eine Parallelwelt, einen Raum der Rechtsfreiheit, einen Raum für Gewalt», sagte Kossen dem Bremer «Weserkurier» (Mittwoch).
Noch seien die Menschen in den Dörfern und Kleinstädten des Oldenburger Münsterlandes kaum sichtbar, weil sie abgeschottet an den Ortsrändern lebten. Das sei ein Grund, warum das System funktioniere, sagte Kossen, der sich seit Jahren für Werkvertrags- und Leiharbeiter einsetzt. «Diese Menschen leben in einer Schattenwelt.» Oft seien sie in alten Fabriken in Massenunterkünften untergebracht, ohne Intimsphäre, manchmal seien die Räume auch noch vergammelt oder hätten keine Heizung.
Zudem müssten die Männer in Zwölf-Stunden-Schichten an sechs Tagen pro Woche zumeist ohne Urlaub in eiskalten Hallen Schweinekörper zersägen, berichtete der frühere Prälat des Bischöflich Münsterschen Offizialats in Vechta. Kossen, der seit 2017 Pfarrer in Lengerich in Westfalen ist, hat kürzlich den Verein «Aktion Würde und Gerechtigkeit» gegründet, der Leiharbeitern eine Rechtsberatung anbietet. Er war auch dabei, als Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) am Montag den Schlachthof der Firma Goldschmaus in Garrel besuchte.
Der Theologe warf speziell CDU-Politikern, dem Handel und auch Verbrauchern vor, die schlechten Bedingungen durch ihre Rücksicht auf die Lobby der Fleischindustrie und ihr Einkaufsverhalten mit zu verschulden. Allerdings gebe es einige wenige Unternehmen wie Feinkost Wersing in Cloppenburg oder Goldschmaus in Garrel, die entweder ganz ohne Leiharbeiter auskämen oder für gute Wohnungen und Arbeitsbedingungen sorgten. Deshalb müssten sich all die anderen nun fragen lassen, warum sie es nicht ebenso machten.
Source: Kirche-Oldenburg