Göttingen (epd). Der in der Fastenzeit weitverbreitete Verzicht auf Alkohol ist nach Meinung des Theologen Wolfgang Reinbold alles andere als eine Fastentradition. «Die Mönche brauten in der Fastenzeit sogar ein besonders starkes Bier, das sogenannte Fastenbier», betonte der Professor für Neues Testament an der Georg-August-Universität Göttingen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Da dieses Bier besonders kalorienreich sei, habe es in der Fastenzeit dafür gesorgt, dass die Menschen trotz reduzierter Nahrungsaufnahme satt wurden.

 

Anders als die Alkoholabstinenz sei in der christlichen Fastentradition der Verzicht auf Fleisch hingegen seit jeher fest verankert, führte Reinbold aus. Davon zeuge bis heute etwa das Wort «Karneval», das sich vom lateinischen Ausdruck «carnem levare» – auf Deutsch: «Fleisch wegnehmen» – ableite. Während es beim Fasten heute vor allem um Wohlbefinden und Selbstoptimierung gehe, habe die in allen Weltreligionen verbreitete Verzichtspraxis ursprünglich weitaus vielschichtigere Motive, etwa Askese, Kontrolle, Reinigung oder Buße.

 

Im Christentum habe sich das Fasten ab der Spätantike allmählich durchgesetzt, erläuterte Reinbold. Die Zahl der Fastentage habe dabei von Ort zu Ort zwischen 30 und 40 Tagen geschwankt. Der älteste Bericht über die heute als «Standard» geltende Fastendauer von 40 Tagen stamme von der gallischen Pilgerin Egeria, die Ende des 4. Jahrhunderts das Heilige Land bereist habe. «Sie berichtet, dass man in Jerusalem acht Wochen gefastet und dabei jeweils die Samstage und Sonntage ausgenommen habe», führte der Theologe aus. Bis heute sei die Zahl 40 «eher eine runde als eine exakt berechnete Zahl». Ihren Ursprung habe sie in den biblischen Evangelien, die berichteten, dass Jesus einst 40 Tage in der Wüste gefastet habe.

 

Die christliche Fastenzeit beginnt mit dem Ende des Karnevals am Aschermittwoch und dauert bis Ostersamstag. Die Kirchen begleiten diesen Zeitraum mit Aktionen wie dem ökumenischen Klimafasten sowie der evangelischen Aktion «7 Wochen ohne», die in diesem Jahr unter dem Motto «Leuchten! Sieben Wochen ohne Verzagtheit» steht. Laut einer jährlichen Umfrage der Krankenkasse DAK steht bei den Fastenvorsätzen regelmäßig der Verzicht auf Alkohol, Süßigkeiten und Fleisch auf den drei Spitzenplätzen.

 

Kirche-Oldenburg
Theologe Reinbold: Früher wurden Fastende mit Starkbier satt