Hannover/Berlin (epd). Nach der Entscheidung des niedersächsischen Landtages, eine landesweite Pflegekammer einzurichten, mehrt sich die Kritik. Der bundesweite Arbeitgeberverband Pflege sprach am Dienstag von «bürokratischem Wildwuchs» und «politischem Irrsinn». Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte, in Niedersachsen werde «ein großer Verwaltungsapparat ohne wirkliche Befugnisse geschaffen».

Der Landtag hatte am Montag mit den Stimmen von SPD und Grünen beschlossen, eine Pflegekammer zu errichten. Ihr sollen alle rund 70.000 examinierten Pflegekräfte mit dreijähriger Ausbildung verpflichtend angehören. Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) betonte, die Pflegenden erhielten durch die Kammer eine öffentliche Stimme in gesundheitspolitischen Diskussionen. Die Pflegekammer werde Verbesserungen anstoßen.

Der Arbeitgeberverband erklärte dagegen in Berlin, die Pflegekammer werde weder bei Tariffragen noch bei Verhandlungen über die Pflegesätze mit am Tisch sitzen: «Richtig Wichtiges zu entscheiden hat diese Kammer nicht», sagte Vizepräsident Friedhelm Fiedler. Die Kammer wecke vielfach überzogene und falsche Erwartungen. «Diese Entscheidung dient vor allem dazu, Funktionäre verschiedener Verbände mit Pöstchen zu versorgen.»

Der Paritätische bemängelte, die Kammer bürde den Pflegekräften durch «Zwangsmitgliedschaft» und den damit verbundenen Beiträgen eine zusätzliche finanzielle Belastung auf. «Die Pflegekammer kostet viel Geld, trägt aber nicht dazu bei, die wirklichen Probleme zu beheben», sagte die Landesvorsitzende Birgit Eckhardt. Die Pflegekräfte müssten besser bezahlt und die Arbeitsbedingungen in der Pflege flexibler gestaltet werden.

Nach Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ist Niedersachsen das dritte Bundesland, das eine Pflegekammer erhält. Andere Länder wie Bayern oder Hamburg hatten sich gegen eine Pflegekammer entschieden.
Source: Kirche-Oldenburg