Die oldenburgische Kirche war in dieser Woche Gastgeberin für die Vertretung der Pfarrfrauen und -männer. An der Delegiertentagung, die in Ahlhorn stattfand, nahmen 35 Pfarrfrauen aus der gesamten Bundesrepublik und aus der Schweiz teil. Einer der Höhepunkte war ein Ausflug mit der „Etta von Dangast“, Kapitän Anton Tapken erläuterte den Frauen die Besonderheiten des Wattenmeeres und der friesischen Küste.

Unter der Regie von Kirsten Ulrich-Welz aus Oldenburg und vier weiteren Frauen aus der oldenburgischen Kirche, die sich in der Vertretung der Pfarrfrauen und -männer stark engagieren, stand das Treffen unter dem Motto „Vor Anker gehen“. „Es geht uns vor allem um den Erfahrungsaustausch und das gegenseitige Mutmachen“, sagte Ulrich-Welz. Dazu gab es unter anderem Gruppenarbeiten und Referate. Die Autorin Susanne Niemeyer vermittelte den Frauen „Freudenworte“ und Märchenerzählerin Gunda Wedelich sorgte für magische Momente.

Die Pfarrfrauen in der oldenburgischen Kirche treffen sich regelmäßig drei Mal im Jahr. Allein hier werden dazu 240 Frauen eingeladen, betroffen sind bundesweit geschätzt rund 10.000 Frauen. An der bundesweiten Delegiertentagung nahmen diesmal jedoch ausschließlich Frauen teil. „Wir haben uns mittlerweile seit sieben oder acht Jahren auch für Männer geöffnet, die sind aber selten dabei“, sagt Ulrich-Welz. Das liege wohl an der besonderen Situation, in der Pfarrfrauen sich befänden.    

Während des Ausflugs um den Arngaster Leuchtturm, der übrigens auch das Einladungsschreiben zierte und unter anderem deshalb eine besondere Attraktion war, berichteten etliche der Pfarrfrauen auf Nachfrage über ihren Alltag. Während Ehemänner von Pastorinnen ihrem eigenen Beruf selbstverständlich nachgingen, hänge Frauen die Tradition hinterher. Es sei bis in die 1970er Jahre hinein für die Frauen von Pfarrern verboten gewesen, selber berufstätig zu sein, berichtete Ulrich-Welz. Vielmehr sei es als selbstverständlich angesehen worden, dass Pfarrfrauen sich aktiv ehrenamtlich in das Gemeindeleben eingebracht hätten. Das ist heute zwar vorbei, doch noch in vielen Köpfen vorhanden. „Viele Gemeindemitglieder erwarten das eigentlich auch noch von uns“, sagte sie.

Und noch immer sei ein Pfarrhaushalt kein ganz normaler Haushalt. „Wir haben ein öffentliches Haus“, sagte eine der Frauen aus Sachsen. „Wir werden öffentlich wahrgenommen und gewertet“, erklärte sie. Jeder schaue genau hin und ihr werde häufig bewusst, dass in der Vorstellung der Menschen in einem Pfarrhaushalt die Werte gelebt werden sollten, nach denen sich eigentlich alle sehnten. Vor allem würden moralisch sehr viel strengere Richtlinien angesetzt, erklärte eine der Teilnehmerinnen aus Bayern.

Die Öffentlichkeit belaste häufig auch die Kinder, erklärte eine weitere Teilnehmerin. „Die Freunde unserer Kinder haben oft sehr große Bedenken gehabt, bevor sie das erste Mal in unser Haus kamen und dann doch feststellten, dass wir ganz normale Menschen sind.“ „Die Familien stehen in einem besonderen Blickpunkt, sie befinden sich permanent in einer Art Erwartungswolke“, meinte Doris Münderlein aus Fürth. Man sei überhaupt in der eigenen Stadt als Pfarrfrau immer eine öffentliche Person, so Ulrich-Welz. Selbst beim Einkaufen werde sie häufig angesprochen und Menschen, die sie kaum kenne, erzählten von ihren Belastungen. Damit habe sie erst einmal umgehen lernen müssen.  

Anderen Frauen ist die Residenzpflicht eine Belastung. Das Leben im Pfarrhaus bedeute auch, dass man nach der Pensionierung ganz von vorne beginnen müsse. Es sei ein ungeschriebenes Gesetz, den bisherigen Wohnort mit der Pensionierung zu verlassen. Spätestens drei Monate nach Ruhestandsbeginn müsse das Pfarrhaus geräumt sein. „Man fängt dann im höheren Alter wieder ganz von vorn an, Freunde und Bekannte zu finden“, sagte eine der Frauen.

Gleiches gelte auch, wenn ein Pfarrer früh versterbe und die Familie allein bleibe. „Dann fehlt nicht nur der Mann und Vater, dann muss man auch noch ganz rasch die Wohnung verlassen – insofern ist ein Pfarrhaus niemals ein wirkliches Zuhause.“ In Zeiten immer größer werdender Bezirke sei die Residenzpflicht längst nicht mehr zeitgemäß. Zudem seien die Pfarrhäuser auch eine große finanzielle Belastung für die Kirchen, meinte eine der Frauen.

Die Tagung im Bereich der oldenburgischen Kirche hat allen gut gefallen. „Der weite Blick macht auch das Herz weit“, meinte Münderlein, die auch gleich ihren Lieblingsvers aus der Bibel verriet: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ Dazu die vielen neuen Eindrücke und guten Gespräche, das mache die Tagung perfekt, meinte Petra Ossowski aus Garrel.

Ein Beitrag von Annette Kellin.
Source: Kirche-Oldenburg