Bremen/Vechta (epd). Im Labor gezüchtetes Fleisch kann nach Ansicht des Wirtschaftstethikers Nick Lin-Hi ein wichtiger Baustein für die Landwirtschaft der Zukunft sein. «Diese Technologie wird die Industrie auf den Kopf stellen», sagte Lin-Hi dem in Bremen erscheinenden «Weser-Kurier» (Sonnabend): « Sie geht mit dem Versprechen einher: Das Fleisch schmeckt genau so, wie du es vom herkömmlichen Fleisch her kennst. Oder sogar besser. Und es ist gesünder. Und nachhaltiger.»
Es sei davon auszugehen, dass bei der Produktion von In-vitro-Fleisch 90 Prozent weniger Ressourcen verbraucht würden, fügte Lin-Hi hinzu. Es würden auch 90 Prozent weniger Treibhausemissionen entstehen und 90 Prozent weniger Flächen benötigt. Der Wissenschaftler forscht und lehrt an der Universität Vechta.
Bei den Landwirten stießen seine These auf unterschiedliche Reaktionen, räumte Lin-Hi ein: «Es gibt drei Gruppen. Die erste sagt: Vielen Dank für diese Perspektive. Es lohnt, darüber nachzudenken. Die zweite sagt: Glaube ich nicht! Und die dritte Gruppe reagiert mit Unverständnis und manchmal auch mit Wut gegen mich.» Er könne verstehen, dass es keinen Spaß mache, so etwas zu hören, fügte Lin-Hi hinzu: «Ich ziehe die Leute mit meinen Thesen raus aus ihrer Komfortzone.»
«Wenn wir heute nicht in Zukunftstechnologien wie In-vitro-Fleisch investieren, ist meine große Befürchtung, dass die Agrarindustrie künftig keine wichtige Industrie in Deutschland mehr sein wird», sagte Lin-Hi. Das sei Deutschland mit der Computerindustrie schon einmal passiert. Und die Zukunft des deutschen Automobilsektors stehe ebenfalls auf der Kippe: «Wir sind zu ängstlich, wir wollen lieber das Bestehende konservieren.» Es fehle bisweilen die Fantasie, dass sich Dinge auch grundsätzlich anders machen ließen.
Source: Kirche-Oldenburg