Osnabrück/Hannover (epd). Führende Repräsentanten des Osnabrücker Instituts für Islamische Theologie haben an die Politiker in Niedersachsen appelliert, die Gespräche mit den muslimischen Verbänden über die Islamverträge wieder aufzunehmen und zügig zu einem Ergebnis zu führen. Solche Verträge seien die Grundlage dafür, dass sich die Muslime in Deutschland von äußeren Einflüssen emanzipieren und mit ihren Einrichtungen professioneller aufstellen könnten, betonten Martina Blasberg-Kuhnke und Rauf Ceylan.
Der islamische Religionssoziologe Ceylan ist stellvertretender Direktor des Instituts. Die katholische Theologin Blasberg-Kuhnke ist Projektleiterin für den Aufbau des Instituts. In den vergangenen Wochen hatten sich CDU-Abgeordnete gegen einen baldigen Vertragsabschluss ausgesprochen. Sie hielten vor dem Hintergrund des Putsches in der Türkei die Abhängigkeit des Verbands Ditib von der türkischen Religionsbehörde Diyanet für problematisch. Daraufhin hatte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erklärt, er wolle die Verträge "nicht kurzfristig durchpeitschen".
"Die Veränderungen in der Türkei sollten uns gerade nicht hindern, uns in Richtung eines eigenständigen deutschen Islam weiterzuentwickeln", betonte Blasberg-Kuhnke. Die arabischen Länder würden sich vermutlich auch in absehbarer Zeit nicht in Richtung einer freiheitlichen Demokratie verändern. "Die Alternative kann doch aber nicht sein, dass wir das ganze Thema gar nicht mehr anfassen." Nur über Bildung sei es möglich, "junge Menschen zu kritischen Köpfen zu erziehen".
Dass die türkisch-islamische Union Ditib von der türkischen Religionsbehörde Diyanet finanziert werde, sei überhaupt nicht neu, betonte die Theologin. "Wir haben das schon immer kritisch gesehen." Dennoch sei es wichtig, mit Ditib weiter zusammenzuarbeiten. Der Vorstand des Ditib-Landesverbands Niedersachsen-Bremen argumentiere außerdem sehr eigenständig.
Ceylan forderte, wer sich über die Abhängigkeit der Ditib von der Türkei beklage, müsse den Verbänden insgesamt alternative Möglichkeiten der Finanzierung anbieten. Die Moscheevereine könnten den Imamen in der Regel ein Gehalt von rund 1.000 Euro im Monat bieten. "Das macht keiner, der an einer deutschen Uni seinen Masterabschuss in islamischer Theologie absolviert hat." Bisher gibt es in Deutschland ausgebildete, deutschsprachige Imame deshalb fast ausschließlich in Ditib-Moscheen. "Die können sich das leisten, die anderen nicht."
Blasberg-Kuhnke sagte, die Uni Osnabrück sei deshalb mit dem Land Niedersachsen im Gespräch über eine Mischfinanzierung für die ersten Masterabsolventen. Sie könnten dann etwa mit einer halben Stelle in einer Moscheegemeinde arbeiten. Mit einer weiteren halben Stelle seien sie dann zum Beispiel in der Krankenhaus-, Polizei- oder Gefängnisseelsorge tätig und würden dafür vom Land bezahlt. "Ein Vertrag mit den Islamverbänden und deren Anerkennung als Religionsgemeinschaft wäre eine feste Grundlage, auf der die muslimische Community und das Land solche Dinge viel leichter aushandeln könnten."
Source: Kirche-Oldenburg