Die Vorbereitung der Achten Vollversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) in Novi Sad (Vojvodina) in Serbien im Juni 2018 stand im Mittelpunkt einer Tagung der Gemeinschaft Evangelischen Kirchen in Europa (GEKE) Anfang März in Wien (Österreich), zu der insbesondere Delegierte der KEK-Vollversammlung eingeladen waren.

Allein der kommende Tagungsort im nordserbischen Novi Sad zeigt schon, dass die Frage: „Wohin mit Europa?“ auch für die Kirchen schwierig zu beantworten ist. Denn die 340.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Stadt, die aus dem sogenannten Jugoslawienkrieg in den 1990gern durch ihre zerstörte Hauptbrücke durch alle Medien ein Gesicht bekam, macht mehr als deutlich, dass ethnische und konfessionelle, aber auch interreligiöse Prägungen viele anstehende Arbeitsfelder der KEK für die Zukunft auch weiterhin bestimmen werden.

In Novi Sad werden mehr als 140 Delegationen aus den protestantischen, altkatholischen und orthodoxen Kirchen erwartet. Die Stadt spiegelt mit rund 70 Prozent serbisch-orthodoxer Christinnen und Christen, etwa 17 Prozent Katholikinnen und Katholiken sowie gut drei Prozent Protestantinnen und Protestanten in vier eigenständigen Kirchen die ökumenische Buntheit wider.

Unter Protestantinnen und Protestanten gilt die methodistische Kirche als ökumenisch besonders offen, während die zahlenmäßig größte diejenige der slowakischen Minderheit in der autonomen Region Vojvodina ist.

Die Region selber zählt etwa zweit Drittel Serbinnen und Serben, größte Minderheit sind die ungarische nebst der kroatischen, die albanische, slowakische sowie andere Volksgruppen. Historisch gehörte sie einst im Habsburger Reich zum Banat.

Die Herausforderungen für die Vollversammlung sind demnach groß. Das wurde nun auch in Wien bei der Konsultation mit der GEKE deutlich. Während die GEKE die innerprotestantische Sichtweise beitrug, wies die KEK auf ihre Verpflichtungen gerade gegenüber den Orthodoxen hin. Zwar gebe es den Sitz der KEK in Brüssel, doch zeige der Ort Novi Sad selber, dass ein großer Teil der Mitgliedskirchen der KEK außerhalb der EU liege, wo dieBevölkerung mehrheitlich orthodox geprägt sei.

Dabei seien Konflikte zwischen den konservativen und den progressiven Kirchen und Flügeln innerhalb von Kirchen in den letzten Jahren mehr als offensichtlich geworden. Häufig herrsche Uneinigkeit, welches Bild sich die Kirchen von der Zukunft Europa machen wollen. In sozialethischen und moralischen Fragen klaffen Unterschiede gerade zwischen protestantischen und orthodoxen Kirchen.

Deswegen hat die KEK im Vorfeld ihre Mitgliedskirchen in einem Offenen Brief um Stellungnahmen gebeten. Die Ergebnisse sind auf vier regionalen Konferenzen diskutiert worden: Während etwa die Konferenz „North-Europe-Baltic“ ein mehrheitlich lutherisch konfessionell geprägtes Bild vom christlich-aufgeklärten Kulturraum Europa vertritt, hat die Konferenz „Großbritannien-Irland“ Fragen des Brexits und der außer- und innereuropäischen Einwanderung vor Augen. Ganz anders stellt sich die Frage der Migration auf der Konferenz „Central-Eastern-Europe“, die mit Identitäts- und Nationalfragen gerade aus ehemals kommunistischen Ländern gekoppelt wird, was auch zu politischen Konflikten in den Ländern führt. Schließlich hat die Konferenz „South-Europe“ die schlechte ökonomische Lage, die große Armut, hohe Jugendarbeitslosigkeit und Korruption sowie die Frage nach Gerechtigkeit und Solidarität in Europa im Blickpunkt.

Dazu kommen die alle Länder Europas gleichermaßen betreffenden Veränderungsprozesse der zunehmenden Säkularisierung, politischen und finanziellen Instabilität und des Populismus.

Wohin also mit Europa? Kann und soll Kirche in Europa im Integrationsprozess vorangehen, wie es die KEK seit ihrer ersten Vollversammlung 1959 tut? Oder muss sie ihre eigene ökumenische Uneinigkeit als selbst zu verantwortendes Hemmnis für Europas Entwicklung zuerst verstärkt bearbeiten? Diese Fragen werden die Vollversammlung der KEK in Novi Sad 2018 vor große Herausforderungen stellen.

Ein Beitrag von Pfarrer Dr. Oliver Dürr, GEKE-Delegierter der oldenburgischen Kirche.

Source: Kirche-Oldenburg