Bremen (epd). Die Wohlfahrtsverbände sehen in Bremen «erhebliche Defizite» in der Betreuung demenzkranker Menschen. Das betreffe in erster Linie die personelle Ausstattung der Dienste, kritisierte am Mittwoch der Vorstandssprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Arnold Knigge. Die Zahl der Demenzkranken werde in den nächsten Jahren erheblich ansteigen. «Umso drängender müssen die Angebote der Betreuung und Versorgung ausgeweitet und verbessert werden.»

In Bremen leben Schätzungen zufolge zwischen 12.000 und 15.000 Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind. Bundesweit seien es etwa 1,5 Millionen, sagte Tanja Meier von der Bremer Demenz Informations- und Koordinationsstelle (DIKS). Bis zum Jahr 2050 würden sich diese Zahlen verdoppeln oder gar verdreifachen. Die Politik müsse außerdem berücksichtigen, dass die Betreuung von Menschen mit einer Demenz sehr viel zeitintensiver sei als die von Pflegebedürftigen ohne kognitive Einschränkungen.

Knigge lobte in diesem Zusammenhang die bundesweit geplante Einführung eines neuen fünfstufigen Pflegebedürftigkeitsbegriffes, der insbesondere zu besseren Leistungen für demenzkranke Menschen führen wird. Mit der Pflegereform werden kognitiv und psychisch beeinträchtigte Menschen ab 2016 erstmals mit körperlich Beeinträchtigten auf eine Stufe gestellt und erhalten den gleichen Leistungsanspruch.

Trotzdem sei auch in Bremen noch viel zu tun. «Wir müssen in der Versorgung deutlich besser werden und dürfen das Thema nicht vor uns herschieben», warnte Knigge. Die Wohlfahrtsverbände haben ihre Forderungen deshalb in einer Petition zusammengefasst, die sie kürzlich am Ende eines Fachtages Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) übergeben haben.

DIKS-Expertin Meier führte aus, wohnortnah müssten zeitlich flexible Tagespflegen eingerichtet werden. Klassische Angebote von 8 Uhr bis 16 Uhr reichten für viele Familien nicht oder kollidierten mit Arbeitszeiten pflegender Angehöriger. Fast völlige Fehlanzeige attestierte sie im Bereich kulturspezifischer Angebote etwa für türkischstämmige Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind und höchstens noch ihre Muttersprache sprechen.

Ein weiteres wichtiges Thema ist Meier zufolge die fehlende Anerkennung pflegender Angehöriger. «71 Prozent der Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, überwiegend durch Angehörige», betonte die Expertin. Fast alle Pflegenden hätten das Gefühl, in ihren Leistungen nicht genügend anerkannt und unterstützt zu werden.

Mit besseren Informationen in der Öffentlichkeit könne überdies Ängsten und Unverständnis begegnet werden. Und auch die Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen, Pflegediensten, Ärzten, Angehörigen und Kassen müsse besser werden, wenn die Betreuung möglichst problemlos funktionieren solle.
Source: Kirche-Oldenburg