Hannover (epd). Die Wohlfahrtsverbände in der Region Hannover haben vor einer zunehmenden Altersarmut gewarnt. «Wir nehmen wahr, dass viele Menschen aus Arbeitsverhältnissen kommen, die einer auskömmlichen Versorgung im Alter nicht zuträglich ist», sagte Thomas Dettmer vom Deutschen Roten Kreuz am Montag in Hannover. Hier machten sich Langzeitarbeitslosigkeit und Phasen prekärer Beschäftigung bemerkbar. Auch die Einsamkeit im Alter entwickele sich zu einem wachsenden Problem. Dettmer appellierte an die Politik, dem entgegenzuwirken: «Das Ehrenamt muss gefördert werden.»
Das Rote Kreuz stellte am Montag zusammen mit Diakonie und Caritas, der Arbeiterwohlfahrt und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband ein Positionspapier zur sozialen Situation in der Region vor. Darin mahnen die Verbände erstmals gemeinsam mehr sozialpolitische Anstrengungen an. «Handlungsbedarf besteht in allen Bereichen», betonen sie. Auch bei Kindern, Jugendlichen und Familien, Migranten und Flüchtlingen sowie erwerbslosen und wohnungslosen Menschen gebe es zum Teil erhebliche Probleme.
So würden Kinder aus Familien mit wenig Geld immer häufiger Opfer von familiärer Gewalt, sagte Burkhard Teuber von der Arbeiterwohlfahrt: «Die Frauenhäuser sind voll.» Häufig müssten beide Elternteile aus wirtschaftlichen Gründen arbeiten, um das Familieneinkommen zu sichern. Für die Kinder bleibe dabei oft wenig Zeit. Deshalb sei pädagogisch qualifiziertes Fachpersonal in den Kindertagesstätten nötig, um in Krisenfällen präventiv tätig sein zu können und den Bildungsauftrag zu erfüllen. «Die Anforderungen für die Arbeit in der Kita sind deutlich gestiegen.» Die Verbände appellierten an die Politik, verstärkt die Fachkompetenz der Wohlfahrtsverbände in Anspruch zu nehmen.
Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes erinnerte an das «Subsidiaritätsprinzip», nach dem freie Träger als sozialpolitische Akteure einen Vorrang vor dem Staat hätten: «Das ist in Teilen der Politik vergessen worden.» Die Wohlfahrtsverbände könnten durch Eigenmittel, Spenden und Ehrenamtliche einen echten Mehrwert in die ihnen anvertrauten Projekte einbringen.
Mit Empörung wiesen die Verbände die Kritik der AfD zurück, die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände verfolgten bei der Hilfe für Flüchtlinge eigene Interessen, um sich staatliche Mittel zu sichern. «Alle Wohlfahrtsverbände geben in erheblichem Umfang Eigenmittel in die Flüchtlingshilfe», betonte Andreas Schubert von der Caritas. Die Kritik sei eine «Frechheit», die AfD habe sich anscheinend nicht informiert. Die Flüchtlingshilfe sei keine Industrie, sondern geschehe aus der Motivation heraus, den Menschen zu helfen. «Das auf dieses Niveau zu degradieren, finde ich das Allerletzte.» Die Kritik war unter anderem von der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry erhoben worden.
Source: Kirche-Oldenburg