Hannover/München (epd). Der Lebensstil und die Lebensqualität vieler Menschen in Deutschland haben sich Wissenschaftlern zufolge während der Corona-Pandemie dauerhaft verschlechtert. Die Menschen bewegten sich weniger und ernährten sich ungünstiger, heißt es in der am Donnerstag veröffentlichten Studie «Veränderung von Lebensstil und Ernährung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie», mit der die Else Kröner-Fresenius-Stiftung das Forsa-Institut beauftragt hatte.
Dadurch sei eine Zunahme chronischer Wohlstandskrankheiten wie Diabetes zu erwarten. Im Vergleich zu einer ähnlichen Befragung von 2021 seien die Ergebnisse nur wenig besser geworden, sagte Hans Hauner, Direktor des Else Kröner Fresenius Zentrums für Ernährungsmedizin (EKFZ) und Professor für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München (TUM), bei der Vorstellung der Studie.
35 Prozent der Befragten gaben an, im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie zugenommen zu haben, und zwar im Mittel um 6,5 Kilogramm. 40 Prozent sagten, sie würden sich weniger bewegen als vor der Pandemie. Ein knappes Drittel aß mehr und häufiger, meist Süßwaren, süße Backwaren, Knabberartikel oder Fastfood. Diese ungünstige Speisenwahl war bei den Erwachsenen, die sich psychisch belastet fühlten, auffällig häufiger als bei den Personen ohne Stressbelastung.
Dass Menschen mit seelischer Belastung mehr Alkohol und ungesunde Lebensmittel verzehrten, habe sich während der Pandemie erneut deutlich gezeigt, sagte Hauner. Es bedürfe großer Anstrengungen in Politik und Gesellschaft, um die Bevölkerung besser über die Gefahren durch ungesunde Ernährung und Übergewicht zu informieren.
Gleichzeitig haben 15 Prozent der Befragten ihr Gewicht reduziert – im Mittel um 7,9 Kilogramm. «Das deckt sich mit den Ergebnissen anderer Studien», sagte Leiterin der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover, Martina de Zwaan. Dies könne auf eine gesündere Lebensweise hindeuten: «Das Leben war weniger hektisch, die Menschen hatten mehr Zeit, selbst zu kochen und sich mit gesunder Ernährung zu beschäftigen.»
Auffällig ist de Zwaan zufolge, dass ein hoher Anteil der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren (19 Prozent) und der Teilnehmenden mit einem Body-Mass-Index von weniger als 20 (18 Prozent) abgenommen haben. «Es gibt auch Studien, die deutlich zeigen, dass während der Pandemie Essstörungen zugenommen haben», sagte die Wissenschaftlerin. Aufgrund der unterschiedlichen Verhaltensmuster in der Corona-Pandemie raten beide Experten zusätzlich zu besserer Aufklärung und insbesondere zu individuellen Lösungen durch Ernährungsberatung.
Für die Studie wurden insgesamt 1.005 nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Personen zwischen 18 und 70 Jahren in Deutschland repräsentativ befragt. Die Daten wurden vom 25. Mai bis 2. Juni 2022 erhoben.
Kirche-Oldenburg
Zu wenig Bewegung und schlechtere Ernährung im Corona-Jahr 2022