Der Vorschlag einer Abgabe nach dem Vorbild der Kirchensteuer zur Finanzierung der Moscheen in Deutschland hat kontroverse Diskussionen ausgelöst. Auch in Niedersachsen sind Experten unterschiedlicher Meinung.

Osnabrück (epd). Die Debatte um die mögliche Einführung einer Moscheesteuer hat in Niedersachsen unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. So hält der Osnabrücker Islamexperte Bülent Ucar eine Moscheesteuer für Gemeinden in Deutschland für unwahrscheinlich. «Ich bin weniger optimistisch, dass aus der aktuellen Debatte Finanzierungspläne entwickelt werden können», sagte der Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Niedersachsen, Sadiqu Al-Mousllie, begrüßte den Vorschlag einer Moscheesteuer. «Die Diskussion eröffnet auch eine Debatte darüber, welches Standing die muslimischen Gemeinden in unserer Gemeinschaft haben», sagte Al-Mousllie in Braunschweig dem epd. Allerdings müssten dafür auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die muslimischen Gemeinden müssten zunächst einen offiziellen Status erlangen.

Den muslimischen Gemeinden sollte allerdings im Zusammenhang mit der Moscheesteuer klar gemacht werden, welche Rechte und Pflichten damit verbunden seien, sagte der Landesvorsitzende Al-Mousllie. Aus seiner Sicht wäre es daher ratsam, ein Konzept zu entwickeln, an dem sich die Gemeinden erst mal auf freiwilliger Basis beteiligen könnten.

Wissenschaftler Ucar betonte, dass die muslimischen Gemeinden für eine Steuer zunächst als Körperschaften öffentlichen Rechts anerkannt werden müssten. Von der Erfüllung dieser rechtlichen Voraussetzungen sei man allerdings weit entfernt.

Muslimische Gemeinden sind mit Ausnahme der Ahmadiyya in Deutschland nicht als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt, vor allem wegen ihrer unklaren Mitgliederstruktur. Ucar sagte, die staatlichen Stellen hätten jahrzehntelang jede Bemühung, muslimische Verbände und Religionsgemeinschaften anzuerkennen, eher abwehrend blockiert. Sie könnten nicht «von heute auf morgen» einen Vorschlag machen, um den Gemeinden plötzlich den höchsten Status zu geben.

Auch die im islamischen Glauben bekannte soziale Pflichtabgabe Zakat eignet sich Ucar zufolge nur bedingt zur Finanzierung der Gemeinden. Diese sei für die Hilfe von Armen und sozial Benachteiligen und nicht für den Bau von Moscheen oder die Erfüllung religiöser Aufgaben gedacht. Die liberale Muslimin Seyran Ates hatte in der Debatte um eine Moschee-Steuer vorgeschlagen, sich an der Pflichtabgabe zu orientieren.

Die muslimischen Gemeinden müssten allerdings zukünftig finanziell unabhängiger von außenpolitischen Interessen und Regierungen gemacht werden, forderte Ucar. «Glaubensgemeinschaften sind zuständig für den Glauben und keine Ableger von irgendwelchen staatlichen Einrichtungen.» Eine politische Funktionalisierung von Religionsgemeinschaften, egal von wem, sei «absolut fragwürdig» und grundgesetzwidrig.

Um diese Unabhängigkeit zu gewährleisten, könnte der Staat nach dem Subsidiaritätsprinzip die aufgeschlossenen Gemeinden unterstützen, die bereit seien, sich vor Ort an den Bedürfnissen der Muslime in Deutschland zu orientieren, schlug der Wissenschaftler vor. Denkbar seien auch Stiftungsmodelle oder die Finanzierung von Imamen durch ihren Einsatz als Lehrkräfte an Schulen.

Source: Kirche-Oldenburg