Meine Mutter ist 1936 geboren. In Birkenau, Kreis Gleiwitz, in Nachbarschaft des späteren KZ Auschwitz.

Was hat meine Mutter im Gedächtnis behalten, aus den ersten Jahren ihrer Kindheit? Im Gespräch mit ihr habe ich herausgehört, dass es Angst war. Angst vor den Soldaten. Angst vor allem um die damals knapp 30jährige Mutter. Der Vater war im Krieg.

Vom KZ, das ja irgendwann 1942 seinen menschenmordenden Betrieb aufnahm – keine Erinnerung. Nur das Gefühl der Unsicherheit und der Angst. Was passierte hier?

Eingeschult wurde Mama in Birkenau. An die freundliche polnische Lehrerin erinnert sie sich. Die hatte so schöne rote Stiefel an.

Viel mehr aus dieser Zeit kommt nicht mehr an die Oberfläche. Vielleicht ist es auch gut so. Manchmal scheint es mir so, als wenn ihr erst seit ein paar Jahren ins Bewusstsein kommt, was in unmittelbarer Nachbarschaft geschehen ist. Die Geschichte ist meiner Mutter bekannt, wie uns allen. Die Dimension dieses Krieges …das Gefühl des unfassbaren, des unmöglichen was da geschah, das bricht jetzt erst durch und kommt im Bewusstsein an. So viele Jahre später.

Dieser Krieg ist formal vorbei. Aber nur formal. Er hat noch heute Einfluss auf uns alle. Um unsere Geschichte besser zu verstehen, ist erinnern wichtig. Jetzt und heute müssen wir mahnen: Diese Geschichte darf sich nie und nirgendwo wiederholen.

Sabine Wistuba

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