Hameln/Nordhorn (epd). Die Hamelner Rabbinerin Ulrike Offenberg sieht es nach wie vor kritisch, dass der Reformationstag am 31. Oktober von diesem Jahr an gesetzlicher Feiertag in Norddeutschland ist. Die jüdischen Gemeinden in Niedersachsen hatten mit Verweis auf judenfeindliche Ausfälle des Reformators Martin Luther ein anderes Datum gefordert. Sie hätte sich von den Kirchen mehr Mut gewünscht, sagte Offenberg im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dennoch wirkt sie auf Einladung der evangelischen Kirchen bei zwei Veranstaltungen mit.

epd: Frau Offenberg, warum beteiligen Sie sich trotz Kritik an den Veranstaltungen zum Reformationstag?

Ulrike Offenberg: Mit bedeutet der jüdisch-christliche Dialog sehr viel. Es ist wichtig, dass Gesprächsfäden nicht abreißen, auch wenn es Enttäuschungen gibt. Man diskutiert Themen anders, wenn man sie im Angesicht des Partners diskutiert.

epd: Wie stehen Sie mittlerweile zu der Entscheidung für den Reformationstag als Feiertag?

Offenberg: Ich halte das für keine kluge Entscheidung. In Niedersachsen machen die Protestanten nicht einmal mehr die Hälfte der Bevölkerung aus. Ihr Werben für den Feiertag ist auch ein Versuch, Pfosten einzuschlagen gegen eine schwindende Bedeutung. Es ist ein Eingeständnis von Unsicherheit zu versuchen, die Identität mit staatlichen Maßnahmen wie der Einführung des Feiertages aufrechtzuerhalten. Die evangelischen Kirchen hätten mutiger sein können. Wir leben in einer multikulturellen Gesellschaft. Da hätten wir nach einem Tag gucken können, der verbindender ist als dieser, der für manche mit schwierigen Aspekten verknüpft ist.

epd: Was bedeutet es für Sie als Vortragsrednerin in Nordhorn und zu einer Dialogpredigt in Hannover eingeladen zu sein?

Offenberg: Das sind ernsthafte Zeichen dafür, dass Menschen hören wollen, was Juden zu diesem Tag zu sagen haben. Die Auseinandersetzung mit Luthers Judenfeindlichkeit ist nicht völlig aus dem Blick geraten. Es ist allerdings fraglich, ob das Thema auch in der Breite angekommen ist und sich die Kirchengemeinden auch mit Luthers antisemitischen Schriften befassen. Es bleibt die Befürchtung, dass die kritische Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus des Reformators mit so einem Feiertag in den Hintergrund tritt.

Source: Kirche-Oldenburg