Es ist noch dunkel im Zimmer, als sie ihre Augen öffnet. Sie spürt ein Kribbeln im Bauch, diese wunderbare Vorfreude. Schnell schlägt sie die warme Bettdecke zurück, schlüpft in die kleinen flauschigen Hausschuhe und tapst leise zum Flur. Bloß nicht auf die quietschenden alten Holzdielen treten und die anderen wecken. Stufe für Stufe steigt sie die Treppe hinab. Unten angekommen flitzt sie ins Wohnzimmer ­ zum großen Fenster. Dort, auf der breiten Fensterbank, stehen sie. Die grob geschnitzten Krippenfiguren. Es ist kein weites Stück mehr bis zur Krippe, das Maria und Josef gehen müssen. Josef steht direkt neben dem Esel, auf dem Maria sitzt, mit dem Blick zur Krippe. Die steht, nicht weit entfernt, auf der rechten Seite, über ihr hängt ein kleiner Stern, der auch an diesem frühen Morgen schon geheimnisvoll leuchtet. Heute darf sie die Figuren ein kleines Stück weiterbewegen, noch ein bisschen näher zur Krippe. Das macht sie aber erst nach dem Frühstück mit ihren Eltern. Jetzt will sie noch mal alles betrachten.  Sich ganz in Ruhe überlegen, wo sie die beiden hinstellen wird. Schauen sie einander an? Stehen sie dicht beieinander?  Mit großen glitzernden Augen sitzt sie vor dem Fenster, betrachtet alles genau. Ist immer noch ganz aufgeregt. Jeden Tag ein Stück weiter. Das heißt auch: Jeden Tag ein Stück näher an Weihnachten. Morgen ist es so weit. In der Ferne läuten Glocken. Bald werden die anderen auch aufstehen. 

Vikarin Luisa Böhmen

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