„Ich komme nur noch in Zeitlupe voran“, klagt die alte Dame. Sie war immer eine von den schnellen. Auf der Arbeit sowieso. Aber auch später noch. Mit den Enkeln auf dem Rad unterwegs. Und eben für die Nachbarin was einkaufen.

Im letzten Sommer ist sie gestürzt. Der Bruch ist geheilt, aber so wie früher ist es nicht. „Dreimal so lang brauche ich für jeden Weg. Jetzt merke ich doch, wie alt ich bin.“

Ausgebremst werden. Spüren, dass die eigenen Kräfte Grenzen haben. Das ist schwer. Das ist ein Stück Abschied.

Im 90. Psalm betet einer: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden.“

Die Dame erzählt weiter: „Neulich in der Stadt, da konnte ich nicht mehr. Da hab ich mich eine halbe Stunde ganz allein ins Café gesetzt. Die Zeit hätte ich mir früher nie genommen. Wissen Sie was“ – sie zwinkert mir zu – „das habe ich richtig genossen!“

Und ich denke: Erst wenn ich weiß das alles endlich ist, entdecke ich in jedem Tag das Leben.

Meike von Fintel

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