Ich sitze bei einem alten Ehepaar, zusammen mit ihrer einzigen Tochter, die in Stuttgart lebt – und darum nur selten da sein kann.
Ihre Eltern haben ein Leben lang zusammengehalten, haben Erinnerungen an den letzten Krieg, haben Krankheiten gemeistert, haben viel Schönes erlebt – sind zusammen durch dick und dünn gegangen.
Noch bekommen sie es hin, den Alltag zuhause zu meistern. Das wollen sie, so lange es geht. Auch die Tochter ist dankbar, dass es noch gut geht – und dass ihr kleines Elternhaus noch ein Elternhaus ist.
Wir trinken den Kaffee zusammen. Reden über Gott und die Welt. Zum Schluss sage ich:
“Wenn Sie mögen, bete ich noch mit uns.” Manchmal passt es, manchmal nicht. Dieses Mal ist es stimmig – und die beiden alten Menschen nicken.
Ich spreche ein Gebet. Am Ende ein Amen, was sonst.
Irgendwie tat das gut, allen.
Ich verabschiede mich, sage Tschüss.
Die Tochter bringt mich noch zur Tür. Dort sagt sie:
“Das war schön. Ich konnte das früher auch mal. Beten und so. Irgendwie habe ich das verlernt.”
Ich schaue sie an. “Versteh ich. Glauben sie mir: ich mach das hauptamtlich. Aber es fällt mir nicht immer in den Schoß.
Und ich bin echt froh, wenn andere mal für mich beten.”
“Hm.” Sagt die Tochter.
“Na ja. Vielleicht kommt ja was wieder.”
Ich schau sie an: “Ja. Vielleicht. Warum nicht? Alle Gute für Sie.”
Stefan Stalling
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