Der Tod eines Menschen hinterlässt immer Fragen. Je nachdem, ob der Verstorbene noch sehr jung war oder schon älter, ob er plötzlich starb oder ob der Tod vorhersehbar war. Die Fragen sind dann verschieden: Warum, warum jetzt, warum überhaupt, warum so? Manchmal möchte ich meinen Gott schon einmal kräftig schütteln und ihn fragen: „Hey, was hast du dir denn jetzt dabei gedacht?“ Als meine Mutter vor einigen Wochen sehr plötzlich und für uns völlig überraschend starb, habe ich lange damit gehadert. Ich hatte keine Möglichkeit gehabt, mich von ihr zu verabschieden. Inzwischen empfinde ich im Rückblick große Dankbarkeit: Für die lange Zeit, in der wir sie hatten, für das, was sie mir für mein Leben mitgegeben hat. Und dafür, wie sie in Würde alt werden konnte. Bis zum letzten Tag konnte sie eigenständig in ihrer Wohnung leben. Sie hat sich selbst versorgt, traf sich regelmäßig mit Freundinnen und Bekannten und lernte auch im hohen Alter noch neue Menschen kennen. Ich bin im Rückblick gerade auch deshalb sehr dankbar, weil ich weiß, dass die letzten Lebensjahre auch ganz anders verlaufen können. Ja, solche Dankbarkeit kann sogar glücklich machen. Kaum zu glauben.

 

 

Rüdiger Schaarschmidt

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