Neulich packte mich der Drang zum Aufräumen, und ich konnte ihm nicht widerstehen. Dabei fiel mir eine Kohlezeichnung in die Hände – Selbstporträt eines Künstlers aus einem Land des Ostblocks, als es noch den „Eisernen Vorhang“ gab. Er war als Asylbewerber in das damalige Asylbewerberheim in Middelsfähr gekommen. Ich erinnerte mich: Er hatte einen Hund, und in seiner damaligen Unterkunft konnte er ihn nicht halten. Weggeben wollte er ihn auf keinen Fall. Mit Hilfe des Diakonischen Werkes konnten wir eine andere Unterkunft für ihn finden, im Emsland, und auch der Transport konnte geregelt werden, – wie, weiß ich heute nicht mehr.
Zum Abschied lud ich ihn zu einem Essen in ein Restaurant ein. Wir unterhielten uns dabei – über Gott und die Welt, über seine Kunst, über seine Heimat, über seine Träume. Nicht als Betreuter und Betreuerin, sondern als zwei Menschen, die auf Augenhöhe miteinander sprachen.
Zum Schluss schenkte er mir die Kohlezeichnung, die ich jetzt wiederfand. Beschenkte sind wir beide.Ein Stück Himmel auf Erden?
Doris Semmler
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