Auf dem Nachbargrundstück steht ein hoher Birnbaum. Ungefähr in der Höhe, die man auf keinen Fall erreichen kann, hängen Birnen. Viele, große, wunderbare Birnen. Wie komme ich nur daran?

Als ich ungefähr 6 Jahre alt war, beobachtete ich auch einen Birnbaum. Der war klein. Gerade erst gepflanzt. Jeden Tag liefen wir Kinder drum herum. Wir beobachteten seine ersten Blüten, das Grün der Blätter, und dann, endlich: Seine erste und einzige Birne. Erst war sie winzig klein. Es dauerte lange. Aber eines schönen Sommertages war sie reif: Die perfekte, gelb-grüne Birne. Wir haben gejubelt und getanzt. So lange hatten wir sie sehnsüchtig angeschaut. Und dann? Dann haben wir sie abgepflückt. Ganz schnell. Aus der Aufregung heraus. Zack, abgepflückt. Und das wars dann. Nie wieder würde sie am Baum hängen. Hätten wir das nicht irgendwie vorbereiten müssen? Ich erinnere mich an die plötzliche Leere, an die kleine Traurigkeit. Ich hatte kaum noch Lust sie zu essen.

Heute schaue ich auf den Birnbaum gegenüber und überlege, wie ich die Birnen erreichen kann. Da sehe ich vor meinen Füßen eine liegen, eine perfekte gelb-grüne Birne. Danke!

 

Sonja Froese-Brockman, Pastorin in der Ev.-luth. Kirchengemeinde Sande

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