Hannover/Rom (epd). In Italien ist die deutsche «Sea-Watch»-Kapitänin Carola Rackete festgenommen worden, nachdem sie ihr Rettungsschiff mit 40 Flüchtlingen in der Nacht zum Samstag den Hafen von Lampedusa gebracht hat. Die Migranten, die mehr als zwei Wochen auf der «Sea-Watch 3» waren, gingen dort an Land, wie italienische Medien berichteten. In Deutschland stieß die Festnahme auf Kritik.
Außenminister Heiko Maas (SPD) appellierte per Twitter an die italienische Justiz, die Vorwürfe schnell zu klären. «Menschenleben zu retten ist eine humanitäre Verpflichtung. Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden», erklärte der Minister.

Italien hatte das Anlegen des Schiffes nicht genehmigt. Es wurde im Hafen umgehend von Polizei und Zollbehörden beschlagnahmt. Die Kapitänin steht nach Angaben der Organisation «See-Watch» unter Hausarrest, während die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen hat. Ihr werde Beihilfe zur illegalen Einreise vorgeworfen, sagte ein «Sea-Watch»-Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach italienischen Medienberichten droht ihr wegen Verstoßes gegen die Schifffahrtsordnung eine Haftstrafe zwischen drei und zehn Jahren. Laut Auswärtigem Amt wird der Fall durch die Botschaft in Rom konsularisch begleitet.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sowie die Grünen kritisierten die Festnahme der Aktivistin scharf. Grünen-Chef Robert Habeck sagte dem «RedaktionsNetzwerk Deutschland» (Sonntag): «Die Verhaftung von Kapitänin Rackete zeigt die Ruchlosigkeit der italienischen Regierung und offenbart das Dilemma der europäischen Flüchtlingspolitik».

Es sei ein Skandal, dass Menschen im Mittelmeer ertränken und es weder sichere Fluchtwege noch Verteilmechanismen für Flüchtlinge in Europa gebe. Der Grünen-Politiker forderte die Bundesregierung auf, sich dafür einsetzen, «dass die Rettung von Ertrinkenden im staatlichen Auftrag oder staatlich organisiert geschieht».

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm erklärte in Hannover, dass die «Sea-Watch»-Kapitänin beim Anlegen in Lampedusa festgenommen wurde, mache ihn «traurig und zornig»: «Eine junge Frau wird in einem europäischen Land verhaftet, weil sie Menschenleben gerettet hat und die geretteten Menschen sicher an Land bringen will.
Eine Schande für Europa!»

Die Besatzung des Rettungsschiffes hatte am 12. Juni insgesamt 53 Flüchtlinge in Seenot vor Libyen gerettet. Einige der Flüchtlinge durften in den vergangenen Tagen als Notfälle an Land gehen. Eine Rückkehr nach Libyen hatte die Organisation Sea-Watch wegen des Bürgerkriegs und der Menschenrechtsverletzungen dort ausgeschlossen.

Source: Kirche-Oldenburg