17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, 169 Unterziele, 193 Staaten – das sind die Kernzahlen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Was das jedoch konkret bedeutet, was jeder einzelne tun kann und sollte, darum ging es in der Reihe „Die Zukunft, die wir uns wünschen – das Ammerland, das wir brauchen“, zu der das Evangelische Bildungswerk Ammerland in Kooperation mit Engagement Global geladen hat.
An vier Veranstaltungstagen an vier verschiedenen Orten im Kirchenkreis Ammerland standen je vier dieser 17 sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs) im Zentrum. Zum Abschluss kamen rund 40 Interessierte am Donnerstag, 20. September 2018, nach Elisabethfehn, um gemeinsam mit der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Maria Flachsbarth, über die Ziele „Nachhaltige Städte und Gemeinden“, „Maßnahmen zum Klimaschutz“, „Leben an Land“ und „Leben unter Wasser“ zu diskutieren.
„Was die SGDs angeht, da ist auch Deutschland ein Entwicklungsland“
Flachsbarth stellte direkt klar: „Was die SGDs angeht, da ist auch Deutschland ein Entwicklungsland.“ Nachhaltiges Leben erfordere grundlegendes Umdenken, vor allem aber einen grundlegenden Wechsel des Handelns. „Das sind Diskussionen die wir ehrlich führen müssen.“ In diesem Punkt waren sich alle Anwesenden im Martin-Luther-Haus einig. Doch was können die Menschen im Ammerland denn heute verändern, um morgen nachhaltig zu leben, zu arbeiten und zu konsumieren? Auch für diese Frage hatte Flachsbarth Ideen im Gepäck.
Ziel 11 – Nachhaltige Städte und Entwicklung: „Mit alten Gewohnheiten brechen“
Ein großes Thema im Ammerland ist die Mobilität. Ein Auto ist gerade in ländlichen Regionen oft noch eine Notwendigkeit. Eine Alternative aber könnten Fahrgemeinschaften oder Gemeindebusse sein, die zum Kirchgang abholen, zum Sportkurs oder zum Jugendtreff in den nächsten Ort fahren. Und: „Vielleicht kann man den ein oder anderen Weg ja auch mit dem Fahrrad machen?“ Hier wiederum nahm Flachsbarth die Kommunen in die Pflicht, die für fahrradfreundliche Strukturen etwa für sichere Schulwege sorgen könnten. Eine andere Idee: LED für die Straßenbeleuchtung. „Die Kommunen werden schnell merken, dass diese Umstellung nicht nur freundlich fürs Klima, sondern auch für die Gemeindekasse ist.“
Ziel 15 – Leben an Land: Bund und Landwirtschaft müssen Kompromisse eingehen
Das Leben im Ammerland ist von der Landwirtschaft, speziell von Milchviehbetrieben, geprägt. Flachsbarth wünscht sich, „dass Bund und Landwirte gemeinsam eine Bewirtschaftung erreichen, die eine wirtschaftliche Perspektive für die Höfe ergibt, gleichzeitig aber auch das Ökosystem nicht überreizt.“ Dabei gehe es etwa darum, den Eintrag von Dünger in Gewässer zu verringern, was wiederum bedeute, dass man auch über Viehzahlen sprechen müsse. Doch auch hier ende die Verantwortung nicht bei Bund und Landwirten, denn dann, so die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft „müssen die Landwirte für das, was sie produzieren, auch einen fairen Preis bekommen. Da sind wir als Verbraucher am dransten.“
Im Anschluss an den Vortrag haben viele der Zuhörer ihre Chance genutzt, ihre Fragen zum Thema Nachhaltige Entwicklung mit Flachsbarth jener Staatssekretärin zu stellen, deren Ministerium die Federführung für die Umsetzung der SDGs in Deutschland übernommen hat. Einige Anwesende wünschten sich, dass die Politik aktiver und vor allem schneller agiere. Eine Besucherin etwa fragte, warum etwas, das erwiesenermaßen schädlich sei, wie Mikroplastik in Kosmetika, nicht sofort verboten werde. Hier verwies Flachsbarth auf die Grundlagen des demokratischen Systems: „Ihnen geht es zu langsam, ja. Aber vielen gehen die Dinge auch zu schnell, etwa beim Kohleausstieg. Das ist ein Widerstand, den wir aushalten müssen. Aber das macht es doch so wertvoll: dass wir miteinander in offenem Disput sein können.“
„Es lohnt sich, sich weiter zu engagieren“
Dr. Jens Kreuter, Geschäftsführer von Engagement Global, der zum Abschluss der Vortragsreihe ebenfalls nach Elisabethfehn gekommen war, erinnerte daran, dass eine Demokratie eben nur so weit gehen könne, wie sie von der Bevölkerung getragen werde. Als Beispiel nannte er den Anteil fair gehandelter Produkte am Gesamtumsatz, der Jahr für Jahr Rekordhöhen erreiche. „Das haben wir geschafft. Nicht die Politik“, sagte Kreuter: „Es hat sich viel getan, und es lohnt sich, sich weiter zu engagieren.“
Auch Kreispfarrer Lars Dede appellierte an die Ammerländer: „Es geht darum, die Zukunftsfragen der Menschheit zu lösen. Das klingt groß, und das ist es auch. Aber wir müssen im Kleinen anfangen. Es geht um die Bewahrung der Schöpfung.“
Es war eine lebendige Diskussion, die verdeutlichte, dass zum nachhaltigen Leben noch ein weiter Weg zu gehen ist. Sie zeigte aber auch, dass die Bürgerinnen und Bürger im Ammerland gewillt sind, heute ihren Teil zu einer lebenswerten Zukunft beizutragen. Denn, so sagte es Flachsbarth abschließend: „Es kommt auf uns an, die SGDs lokal sichtbar zu machen, um global etwas zu verändern. Wir tragen alle Verantwortung für die eine Welt. Und die SDGs sind unsere Weltlebensversicherung.“
Ab Oktober sollen in zwei Arbeitsgruppen konkrete Projekte fürs Ammerland ausgearbeitet und umgesetzt werden. Themen und Treffpunkte der Arbeitsgruppen werden rechtzeitig bekanntgegeben.
Sabrina Knoll
Source: Kirche-Oldenburg