„Die deutsche Gesellschaft polarisiert sich zunehmend.“ Das ist einer der Befunde verschiedener wissenschaftlicher Untersuchungen, die Dr. Eva Groß vom Landeskriminalamt Niedersachsen am Montag, 20. März, im Haus Feldhus in Bad Zwischenahn vorstellte. Gut 20 Prozent der Bevölkerung stimmten der Aussage zu, dass Deutschland eine einzige starke Partei brauche, die die Volksgemeinschaft verkörpere. Fast ebenso viele meinten, dass Ausländer nur hierher kämen, um den Sozialstaat auszunutzen.

Innerhalb der Bevölkerungsgruppe mit solchen Einstellungen stieg innerhalb von zwei Jahren die Billigung von körperlicher Gewalt gegen Fremde fast auf das Doppelte. Der Anstieg rechtsextremer Gewalttaten bestätige die Ergebnisse, die in den repräsentativen Befragungen erhoben wurden, so Groß.

Anders verhalte es sich bei der mit über 80 Prozent großen Mehrheit der Bevölkerung, die keine Sympathien für die AfD habe. Hier nahm die Zustimmung zu ausländerfeindlichen oder Diktatur befürwortenden Aussagen in den letzten zwei Jahren von vier auf drei Prozent bzw. drei auf ein Prozent deutlich ab.

„Was können wir tun, um dem Extremismus entgegen zu wirken?“ fragte einer der gut 60 Ammerländer Ehrenamtlichen aus der Arbeit mit Geflüchteten, die der Einladung des Kirchenkreises, der Diakonie und des Evangelischen Bildungswerkes Ammerland gefolgt waren.

Neben Hinweisen aus der Wissenschaft – soziale Ungleichheiten in der Gesellschaft abbauen, Narrative ändern, Deprivation abbauen – gab es auch ganz praktische Beispiele. „Ich sorge im Kollegenkreis immer dafür, dass eine ausländerfeindliche Äußerung nicht im Raum stehen bleibt, sondern Widerspruch erfährt“, erzählt eine Teilnehmerin. Ein anderer: „Es wird immer von den Hassplattformen im Internet erzählt. Dort gibt es auch eine Zwischenahner Internetplattform, wo Menschen aus meiner Nachbarschaft hetzen. Ich habe mich eingeschaltet und dagegen gehalten.“ Eine Dritte: „Zufällig habe ich ein Gespräch mitgehört, in dem auf die Ausländer geschimpft wurde. Ich habe mich eingemischt und von meinem Sprachunterricht erzählt, von den Schicksalen einzelner Geflüchteter und Bilder gezeigt. Die Schimpfer wurden immer ruhiger und interessierter. Ich hatte den Eindruck, in deren Köpfen bewegt sich gerade etwas.“

An dieser Stelle verwies Eva Groß noch einmal auf zwei Erkenntnisse der Wissenschaft. „Kontakte und Begegnungen helfen, ablehnende Stereotype zu durchbrechen. Dort, wo nur wenige Geflüchtete leben, ist deren Ablehnung besonders hoch.“ Eine Aufforderung an die Zivilgesellschaft sei das Untersuchungsergebnis, nach dem 82 Prozent der Bevölkerung zwar finden, dass „man gegen den Rechtsextremismus dringend etwas unternehmen muss“, das tatsächliche Tun aber eher anderen überlassen möchten. „Zivilgesellschaftliches Handeln muss auch Handeln gegen antidemokratische und Demokratie gefährdende Gruppen und Propaganda einschließen.“

Die Reihe der Fortbildungsabende wird am 5. April im Evangelischen Gemeindehaus in Apen, Hauptstraße 204, fortgesetzt. Dann geht es um die „Zukunft der Willkommenscafés – Vom Willkommen zur Begegnung“. Referenten sind Klaus Hagedorn vom Oldenburger Forum St. Peter, Ute Fründt vom Deutsch-Ausländischen Freundschaftsverein und Hildegard Kluttig vom Diakonischen Werk.

Ein Beitrag von Peter Tobiassen, Evangelisches Bildungswerk Ammerland.

Source: Kirche-Oldenburg