47 Kinder waren wir 1950 in der ersten Klasse in der Schule Neuende. Einige kamen aus dem Jadeviertel, andere aus Alt-Neuende oder aus Siebethsburg. Ilse aber wohnte in Ebkeriege. Einmal lud sie mich ein. Wir spielten auf der Straße. Dann hatten wir Durst und gingen in die Wohnung. Verwundert sah ich mich um: 2 Räume nur, eine Küche und ein Schlafraum – und darin Betten mit roten Zudecken. Inlets nannte man die damals. Ich war fassungslos: keine weißen Bettbezüge?

Zuhause klärte meine Mutter mich auf. Ilses Familie hatte aus ihrer Heimat Ostpreußen flüchten müssen, als Krieg war. Sie hatten nichts mitnehmen können. Und nun hatten sie kein Geld. Aber sie waren bestimmt froh, ja, sogar Gott dankbar, dass sie sich gerettet hatten, sagte meine Mutter.

Ob meine Mutter vielleicht von unserem Bettzeug damals etwas abgegeben hat, weiß ich nicht mehr. Ilse und ich haben uns aus den Augen verloren. Aber „Ebkeriege“ blieb für mich ein Schlüsselwort für Not und Hilfe in Not – und ist nun wieder so aktuell.

 

Ursula Plote

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