Deutschland 1947. Vier Kinder spielen auf der Straße. Toben, springen über den Wassergraben, verstecken sich, ausgelassenes Lachen schallt über die Landstraße. In kurzer Entfernung liegt ein kleiner Bauernhof. Die Eisenbahn fährt auf einem Damm vorüber. Ein Mann nähert sich, von den Kindern unbemerkt. Er hat einen Rucksack geschultert und sieht ziemlich abgerissen aus. Die Hose schlottert ihm um die Beine. Etwas zu groß geraten – scheinbar. Er bleibt vor den Kindern stehen und schaut sie an. Sieht ihr Spielen und Lachen und weiß nicht, ob er mit lachen soll. Dann erhebt er das Wort: kennt Ihr mich nicht? Dier Kinder schauen ihn an, wieder einer von den vielen Landstreichern, die gerade unterwegs sind: Nö keine Ahnung. Lass uns spielen.Und er sagt: ich bin doch Euer Vater.

Vor etwas mehr als 76 Jahren ist mein Großvater aus belgischer Gefangenschaft nach Hause gekommen. Seine Kinder (meine Mutter darunter) erkannten ihn nicht wieder. Hundertausende Kriegsgefangene kehrten (wie er) nach Deutschland zurück. Manche starben weit entfernt. In deutscher Gefangenschaft starben allein drei Millionen russische Kriegsgefangene. Am Samstag denken wir bei den Passionspunkten an die russischen Toten auch hier in WHV. Allein hundert liegen auf dem Ehrenfriedhof. Vielleicht kommen sie am Samstag dazu, wenn es dort überkreuz heißt. 

Frank Morgenstern

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