Der Landesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht die Inklusion an Schulen unter die Lupe genommen. Dabei stellen die Prüfer Unterschiede in der Umsetzung bei den Schulformen und in den Regionen fest. Und sie machen eine Kostenrechnung auf.
Hannover (epd). Das längere Festhalten an Förderschulen in Niedersachsen kann nach Ansicht des Landesrechnungshofes teuer werden. Das Land halte derzeit bei den Förderschwerpunkten Sprache, Emotionale und Soziale Entwicklung sowie Lernen eine kostenintensive Parallelstruktur aus Förderschulen und dem inklusiven Unterricht an allgemeinbildenden Schulen vor, heißt es im Jahresbericht, den Präsidentin Sandra von Klaeden am Mittwoch im Landtag vorstellte. Nach einer Modellrechnung stünden fast 400 Millionen Euro zur Verfügung, wenn die Förderschularten Sprache, Lernen sowie Emotionale Entwicklung abgeschafft würden.
Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) sagte, das Gutachten greife Aspekte auf, mit denen sich die Landesregierung gerade intensiv auseinandersetze. Er betonte zugleich: «Wir dürfen inklusive Bildung nicht ausschließlich unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit betrachten.»
Inklusion bedeutet, dass die Regelschulen auch diejenigen Schüler aufnehmen, die zum Beispiel aufgrund einer Behinderung, Lernschwierigkeiten oder sozialen Problemen besonders gefördert werden müssen. Niedersachsen hat seit 2013 den gemeinsamen Unterricht aufsteigend eingeführt. Ursprünglich sollten dabei bestimmte Förderschulen sukzessive abgeschafft werden. Nach Widerständen aus der CDU einigte sich die rot-schwarze Landesregierung aber darauf, die Fristen für ein Auslaufen der Förderschulen Lernen deutlich zu verlängern.
Die Inklusion sei in den verschiedenen Regionen Niedersachsens unterschiedlich weit fortgeschritten, sagte Tonne. «Darauf haben wir reagiert mit der Verlängerung der Förderschule Lernen. Wo vor Ort noch mehr Zeit benötigt wird, wollen wir diese geben.» Ziel sei es, die Inklusion zum Erfolg zu führen. Insgesamt investiere das Land zwischen 2017 und 2021 mehr als 1,8 Milliarden Euro in die inklusive Schule, unter anderem für mehr Pädagogenstellen und regionale Beratungszentren, die Akteure vor Ort unterstützen sollen. Laut den Bericht des Landesrechnungshofes gibt es bei dem gemeinsamen Unterricht regional deutliche Unterschiede zwischen 27 Prozent und 81 Prozent.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft nannte die Doppelstruktur einen «unsinnigen Irrweg». «Bei konsequenter schulischer Inklusion an den Regelschulen gäbe es dort endlich spürbar mehr pädagogisches und therapeutisches Fachpersonal», sagte die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth. Mit den frei werdenden Geldern ließen sich für jede Klasse aller Schulformen rund sechs Wochenstunden von Lehrern finanzieren, die Schüler sonderpädagogisch begleiten. «So kann Inklusion gelingen.»
Annähernd die Hälfte der rund 50.000 Schüler mit Unterstützungsbedarf wurden dem Landesrechnungshof zufolge 2016 inklusiv beschult. Dabei findet die Inklusion vor allem an Hauptschulen statt. Mit 14,6 Prozent haben sie den höchsten Anteil an Schülerinnen und Schülern, die besondere pädagogische Unterstützung benötigen. An den Gymnasien betrug die Inklusionsquote dagegen nur 0,5 Prozent. Das bereitet auch der GEW Sorgen. «Die Inklusion muss sich auf alle Schulformen beziehen, ohne das Wahlrecht der Eltern einzuschränken», sagte Pooth.
Source: Kirche-Oldenburg