Die junge Frau trabt los. Wieder zu wenig gedehnt. Egal. Erst mal auf die Piste. Sie lässt es langsam angehen.
Es tut ihr einfach gut. Sie läuft jeden zweiten oder dritten Tag. Immer etwas über eine halbe Stunde.
Das ist ihre Zeit. Keiner will was von ihr. Sie denkt an alles und nichts.
Sie denkt an ihre Kinder. Jona kommt gut zurecht, aber Janne macht ihr gerade Sorgen. Sie fühlt sich nicht wohl in der Klasse, kommt oft mit Tränen nach Hause.
Sie denkt an ihren Mann. Er ist stiller geworden in letzter Zeit. Irgendwas treibt ihn um. Aber er sagt nichts, wenn sie fragt.
Sie denkt an die Kollegen in ihrem Job, an den Nerv und den Stress.
Und sie denkt an ihre alten Eltern. Muss ich bald auch nochmal hin, wenigstens anrufen.
Die junge Frau zieht noch einmal an, Schlussspurt. Sie ist völlig durchgeschwitzt, ausgepowert, fast ein wenig fertig. Egal.
Sie kommt zu ihrem Auto und fällt in den Sitz. Ihr Gesicht ist wie immer leuchtend rot.
Das ist ihre Zeit. Keiner will was von ihr. Sie denkt an alles und nichts.
Sie denkt: diese Zeit ist mir heilig. Sie ist mir heilig, weil sie mir gut tut. Hier tankt meine Seele auf.
Stefan Stalling
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