Marina Abramovic ist Aktionskünstlerin. 2010 hat sie sich in eines der berühmtesten Museen gesetzt und hat drei Monate auf einem Stuhl gesessen. Jeden Tag 12 Stunden. Menschen setzten sich ihr gegenüber hin. Schauten sie an, sie hob den Kopf und schaute zurück. So blieb man sitzen. Manche Menschen saßen minutenlang da, schauten sie an. Einige lächelten, andere strahlten oder hatten einen starren Blick. Tatsächlich gingen unfassbar viele zutiefst bewegt. Manche Menschen fingen einfach zu weinen an, als sie angeschaut wurden. Ein Blick trifft und dringt vor und durch. Blicke erreichen uns und bewegen uns.

Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht war, ….

Denn du hast mich gebildet im Mutterleibe.

Der beliebte Psalm 139 gebraucht dieses Bild. Wer angesehen wird und weiß, dass Menschen (und Gott) ihn wohlwollend im Blick haben, der geht anders durch den Tag und das Leben. Für mich ist jeder Gottesdienst eine Vergewisserung: Gott hat uns im Blick und schickt uns mit seinem Segen jeden Tag wieder neu ins Leben.

 

Frank Morgenstern

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