Oldenburg/Zürich (epd). Die Schweizer Autorin Michèle Minelli ist am Mittwochabend mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Oldenburg geehrt worden. Die 1968 in Zürich geborene Schriftstellerin erhielt im Alten Rathaus die mit 8.000 Euro dotierte Auszeichnung für ihren Jugendroman «Passiert es heute? Passiert es jetzt?», wie die Stadt mitteilte. Der Preis zählt bundesweit zu den höchst dotierten Auszeichnungen der Kinder- und Jugendliteratur. Er wurde anlässlich der bundesweit größten nicht-kommerziellen Kinderbuchmesse (Kibum) verliehen, die noch bis zum 13. November im Oldenburger Kulturzentrum PFL läuft.
Der Roman handelt von dem 16-jährigen Wolfgang, der eines Tages von der Polizei in die geschlossene Jugendpsychiatrie gebracht wird. In seinen Gesprächen mit einem Psychologen entsteht langsam das Bild einer Familie, die vom tyrannischen Vater beherrscht wird. Wolfgang hat immer versucht, seine Mutter und seine jüngere Schwester Leonie zu schützen. Aber die Mittel, mit denen der Vater seine Familie unterdrückt, werden zunehmend drastischer, bis er sie sogar mit seiner Armeewaffe bedroht. Eines Tages hält Leonie die Waffe in der Hand – und dann passiert etwas Schreckliches.
Nach Ansicht der Jury hat Michèle Minelli in ihrem Jugendroman-Debüt sprachlich und dramaturgisch eine Tragödie mit «großer poetischer Wucht» erzählt. Es sei «ein unglaublich emotionaler und komplexer Roman entstanden, der junge Leser fordert, aber sie gleichermaßen unterhält», sagte Jurorin Christine Paxmann. Die Leser könnten für den Protagonisten Sympathie entwickeln und müssten ihn doch im nächsten Augenblick hinterfragen.
Das Genre Problembuch werde in dieser Form sprachlich und szenisch in ein völlig neues Licht gerückt. Der Preisträger von 2011, Nils Mohl, würdigte Minellis Roman «für den Mut, im Erzählen einen Schlüssel zum Erwachsenwerden zu erkennen».
Michèle Minelli lebt in Uesslingen bei Zürich. Die preisgekrönte Dokumentarfilmerin schrieb 2000 ihr erstes eigenes Buch. Mit «Passiert es heute? Passiert es jetzt?» legte sie erstmals einen Jugendroman vor. Die Autorin setzte sich unter 238 Einsendungen durch.
Der Kinder- und Jugendbuchpreis wird seit 1977 während der «Kibum» verliehen. Zu den bisherigen Preisträgern zählen Leonie Ossowski (1977), Mirjam Pressler (1980) und Tamara Bach (2002). Im vergangenen Jahr wurde die in Wien lebende Autorin Julya Rabinowich für ihr Jugendbuch-Debüt «Dazwischen: ich» ausgezeichnet.
Source: Kirche-Oldenburg