Über Monate hinweg führten die Niedersachsen eine äußerst kontroverse Diskussion über einen neuen Feiertag. Jetzt entschied sich der Landtag für den Reformationstag. Das stößt im Land auf Zustimmung und Kritik.

Hannover (epd). Nach monatelanger kontroverser Diskussion in Niedersachsen hat sich der Landtag in Hannover am Dienstag für den Reformationstag am 31. Oktober als neuen gesetzlichen Feiertag entschieden. Das Parlament in Hannover beschloss am Dienstag mit 100 von 137 Stimmen einen entsprechenden Gesetzentwurf der rot-schwarzen Landesregierung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Damit wird der 31. Oktober bereits in diesem Jahr arbeitsfrei sein. Die evangelische Kirche und die Gewerkschaften begrüßten die Entscheidung. Andere Verbände und Religionsgemeinschaften erneuerten ihre Kritik an dem Tag oder signalisierten Gesprächsbereitschaft.

«Mit dem Reformationstag bekommt Niedersachsen einen Feiertag, der in seiner Gestaltung herausfordernd ist und große Chancen bietet, aber auch unbequem sein kann», sagte der der hannoversche Landesbischof Ralf Meister für die evangelischen Kirchen in Niedersachsen. Mehr als 2.000 evangelische Kirchengemeinden im Land seien ein Garant dafür, dass der Feiertag breit verankert werde. Er sei zuversichtlich, dass es gelingen werde, den Tag als einen Tag für alle Bürger zu feiern: «Fröhlich, offen, ökumenisch und interreligiös und mit Blick auf die zentralen Fragen unserer Gesellschaft.»

Der katholische Prälat Felix Bernard sagte, die katholische Kirche habe zwar für den Buß- und Bettag plädiert, doch nach der Entscheidung des Landtages würden sich die Katholiken jetzt nicht gegen den Reformationstag wenden. «Es liegt bei der evangelischen Kirche, diesen neuen gesetzlichen Feiertag inhaltlich zu gestalten.» Wenn dabei ein Mitwirken der katholischen Kirche gewünscht werde, sei sie gesprächsbereit.

Der jüdische Verbandsvorsitzende Michael Fürst zeigte sich überrascht von dem deutlichen Votum des Landtages. Die jüdischen Gemeinden würden sich an den Feierlichkeiten zum Reformationstag nicht beteiligen, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zu einer von manchen heraufbeschworenen Spaltung der Gesellschaft werde die Entscheidung aber nicht führen. Die jüdischen Gemeinden hatten sich mit Verweis auf die Judenfeindlichkeit des Reformators Martin Luthers (1483-1546) gegen den Reformationstag ausgesprochen.

Bei der namentlichen Abstimmung im Landtag stimmten 20 Parlamentarier gegen den Reformationstag. 17 Abgeordnete enthielten sich. Zuvor wurden Anträge für den Internationalen Frauentag am 8. März, den Europatag am 9. Mai, den Tag des Grundgesetzes am 23. Mai und den Buß- und Bettag im November zurückgewiesen.

Ministerpräsident Weil betonte in der Parlamentsdebatte: «Der Reformationstag ist unter den vorgeschlagenen Tagen derjenige, der am breitesten in der Gesellschaft verankert ist.» Weil hatte den neuen Feiertag vorgeschlagen, weil die norddeutschen Länder deutlich weniger Feiertage haben als die süddeutschen Länder. Der Reformationstag erinnert an den Beginn der Reformation von Kirche und Gesellschaft im 16. Jahrhundert durch die Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers am 31. Oktober 1517.

Die Opposition erneuerte in der Debatte ihre Kritik am Verfahren zur Einführung des Feiertags. Weil habe den Reformationstag mit den übrigen Regierungschefs der Nordländer «im Hinterzimmer» ausgemacht und dann im Hauruck-Verfahren «mit der Brechstange» durchgesetzt, sagte Grünen-Fraktionschefin Anja Piel.

Die islamischen Verbände forderten die Politik und die evangelische Kirche auf, den Reformationstag zu nutzen, um wie angekündigt den interreligiösen Dialog zu fördern. «Wir Muslime sind bereit, unseren Beitrag hierzu zu leisten», sagte der Schura-Vorsitzende Recep Bilgen dem epd. Die Unternehmerverbände halten den neuen Feiertag für falsch, weil er einen Wettbewerbsnachteil darstelle. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sprach dagegen von einem guten Tag für die Beschäftigten in Niedersachsen.

Der Reformationstag ist bereits gesetzlicher Feiertag in Ostdeutschland außer Berlin. Schleswig-Holstein und Hamburg hatten den 31. Oktober im Februar ebenfalls zum Feiertag erklärt. Die Bremer Bürgerschaft wird am Mittwoch in zweiter Lesung über den Reformationstag als Feiertag abstimmen. Eine Mehrheit für den Tag ist wahrscheinlich.

Source: Kirche-Oldenburg