Von gestern sei er, sagten sie über ihn. Nur weil er so gerne Geschichten von früher erzählte, sich jung fühlte, wenn er sich erinnerte. Er wusste, dass es anders war. Er schaute nach vorn. Hatte ja auch keine andere Wahl. Wenn er sich beim Autofahren zu rasch umzublicken versuchte, wurde ihm schwindlig. Nun musste der Rückspiegel ausreichen. Ging auch. Er fuhr ja vorsichtig. 

Er war nicht wie Lots Frau. Gott hatte sie gewarnt. Doch sie konnte es nicht lassen, musste sich noch einmal umdrehen, sah mit eigenen Augen den unermesslichen Schrecken des Untergangs ihrer Stadt Sodom. Und erstarrte augenblicklich zur Salzsäule. Nicht weil sie sich Gottes Weisung widersetzt hatte, sondern weil der Anblick des Grauens ihr für immer den Atem verschlug. 

Er hat nicht weggesehen, wenn jemand hilflos und in Not war. Nicht als Kriegswaise, nicht als seine Frau todkrank dahinsiechte. Doch traumatisiert den Blick nicht abwenden können von der Katastrophe, das wäre der Untergang gewesen. Er hat vom Leben gelernt, dass das Elend nicht die ganze Wirklichkeit ist. Und er ist dankbar, dass Gott aus lauter Fürsorge seinen Blick immer wieder nach vorn ausgerichtet hat.  

Christian Scheuer

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