„Ist das nicht süß“, sagt meine Freundin. Es ist ein Taufkleid für die Enkeltochter, vier Monate alt. „Bin ich froh, dass wir das Kleidchen aus dem Urlaub mitgebracht haben. Da passt Louisa gerade noch rein.“

Was für ein Anstoß für eine Kindertaufe, denke ich. Aber laut sage ich: „Dir ist die Taufe wichtig?“„Na ja“, antwortet sie, „irgendwie. Aber dieses süße Kleidchen, wann soll sie es denn sonst tragen?“ Ist das alles, bin ich versucht zu sagen, Taufe, weil das Taufkleid so hübsch ist?

Aber da fällt mir meine Geschichte ein:

Ein kleines Mädchen steht auf dem Hof und weint laut. Drum herum tanzt der achtjährige Bruder und schreit: Oller, oller Heide! Eine Nachbarin kommt dazu. Und weil das kleine Mädchen nicht aufhört zu weinen, klingelt sie bei der Mutter: Sie müssen kommen, Frau S! – Die Mutter kommt, hört sich das Spektakel an und sagt: Schluss jetzt! Das Kind wird getauft!

Und so geschah’ s! Das war am 6. Oktober 1946. Meinem Bruder bin ich noch heute dankbar für den Anstoß, denn das war meine Taufe!

 

Ursula Plote

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