Schrecken und Leid machen keinen Urlaub. Das muss ich als Urlauberseelsorger und Gemeindepfarrer auch in den Ferien immer wieder erleben. Eines Nachmittags im August, ich sitze gerade mit Besuch beim Tee im Pfarrhaus, werde ich per Telefon auf den Campingplatz in Schillig gerufen. Plötzlicher Todesfall! Der Verstorbene liegt im Vorzelt, Notarzt und Rettungskräfte sind noch vor Ort. Sie haben alles getan, aber es war nichts mehr zu machen. Einfühlsam und wunderbar verhalten sich in diesem Moment alle. Nachbarn waren schnell da, um zu helfen, Ersthelfer des Roten Kreuzes, Rettungswagen Hubschrauber. Besser geht es nicht. Aber für diesen Menschen war seine Zeit hier auf der Erde abgelaufen.

Als alle weg sind knie ich mit der Ehefrau auf dem Boden des Vorzeltes. Wir sitzen bei ihrem Mann. Sie streichelt ihn, kann’s nicht fassen, beginnt aber schon zaghaft Abschied zu nehmen. „Wir sind aus der Kirche ausgetreten, damals Herr Pfarrer, weil wir uns so geärgert haben“, sagt sie. „Als ob das jetzt eine Rolle spielte. Wer im Auftrag des Jesus von Nazareth unterwegs ist, ist zu allen Menschen geschickt“, denke ich. „Aber mein Mann ist getauft! Und irgendwie gläubig ist er auch!“ Sie möchte, dass ich ihn segne. Behutsam mache ich ein Kreuzzeichen auf seine Stirn. Ich bete den 23. Psalm. „Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, fürchte ich kein Unheil, denn Du bist bei mir!“ Das Vaterunser beten wir gemeinsam. „Er ist dort gestorben, wo er am liebsten war, hier auf dem Campingplatz!“ Und ich spüre, wie ein kleiner Trost in ihrem Herzen zu wachsen beginnt.

 

Lars Bratke

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