Wenn ich mir die Weltlage betrachte, könnte ich losheulen. So grau wie der Novemberhimmel lasten die Kriege und Krisen auf unseren Gemütern. Was die einen schwermütig macht, reizt die anderen. Die Zündschnur war noch nie so kurz, sagt der Mann an der Supermarktkasse. „Die kleinste Kleinigkeit und die Leute rasten förmlich aus.“ Die Kehrseite von Trauer und Ohnmacht ist Wut und Aggression. 

„Ich glaube, die Leute brauchen Trost“, sagt unvermittelt eine Kollegin. Wie wär’s mit Weltfrieden, entgegne ich, vertrösten lassen will ich mich nicht mehr. Da fühle ich bereits die Tränen in mir aufsteigen. Da ist sie, meine Trostbedürftigkeit. Doch wo führt das hin, wenn ich mir eingestehe, dass ich an meine Grenzen stoße, dieses ganze Elend nicht mehr bewältigt bekomme? Was kann mir Trost und Halt geben? Ich erinnere mich an das Trostpflaster meiner Kindheit. Ich werde meine älteste Freundin anrufen und fragen, ob sie mein Trost-Buddy werden möchte, also auf Du und Du mit dem Trost. Ich entrümpele den Flohmarktkoffer und mache ihn zu meinem Trostkoffer, da liegt meine Lieblingsmusik drin, ein Foto von der Insel, dicke Socken, ein süßer Trost, jetzt Zimtsterne. Und ein Liedvers, den ich wie ein Gebet mit mir tragen werde, erst klagend, dann bittend im Advent, zu Weihnachten hoffentlich dankend: „Wo bleibst du Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt? O Heiland reiß die Himmel auf…“  

Christian Scheuer

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