O Tannenbaum, wenn du erzählen könntest, was sich vor deinen grünen Zweigen so alles abspielt. Ich meine jetzt nicht den Zoff unterm Weihnachtsbaum, der sich manches Mal entlädt, wenn die liebe Familie zu eng zusammengluckt und sich negative Energie entlädt. O Tannenbaum, für wie viele bist du Seelsorgerin und Beichtstuhl, Zufluchts- und Sehnsuchtsort. 

Kinder spielen selbstvergessen zu deinen Füßen mit ihren Geschenken, Paare stoßen auf ihre Liebe an, einer findet endlich Worte, um Menschen zu danken, die ihm Gutes taten. Im Licht deiner Kerzen löst sich still oder auch laut mancher Stoßseufzer aus tiefstem Herzen. Du bist Erinnerung und bietest Gesellschaft gegen das bedrückende Gefühl der Einsamkeit. Vor dir fühlt es sich fremd an für die, die ihr Zuhause verlassen mussten, anderen, die heimatlos sind, bist du wie ein Dach über dem Kopf. Als ob Engelein singen, werden Lieder von Frieden und Freud angestimmt. Und immer wieder dreht sich das Baumgeflüster um Krippe und Kreuz. Welt ging verloren, Christ ward geboren: wie geht das zusammen? Die Sehnsucht nach Frieden, der Glaube, dass die Liebe stärker ist, die Bruchstücke, aus denen sich neue Anfänge ergeben. O Tannenbaum, wie hoffnungsgrün sind deine Blätter. 

Christian Scheuer
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