Spaziergang mit unserem Hund Fado. 
Wie jeden Tag. Kurz mal raus. Durchschnaufen, frische Luft schnappen, bewegen, abschalten. Heute gelingt das überhaupt nicht. Ich schlappe ziemlich unmotiviert durch den Wald. Weil mein Kopf so voll ist. All die Dinge, die noch zu tun sind. Ich muss unbedingt Frau B. anrufen. Ihr geht es nicht gut. Diese Auseinandersetzung mit der Kollegin. Sie war echt giftig gestern, oder war ich es? Ich  muss mich auch unbedingt um all den Schriftkram kümmern. Und die Wäsche machen. Einkaufen. Eine Predigt schreiben. Hach,  mein Kopf schwirrt. 

Der Fado schwirrt auch. Springt um mich herum, bellt, ist unleidlich. Zieht wie irre an der Leine. Total nervig. 

Fado mag es nicht, wenn ich geistig abwesend bin. Wenn ich mich hängen lasse. Er findet, ich solle mich mehr konzentrieren. Auf das Hier und Jetzt. Und nicht auf Dinge, die gerade nicht dran sind. Oder eh nicht zu lösen. 

Ich gebe mir einen Ruck. Straffe die Schultern, gehe gerade und bestimmt. Schiebe all die Gedanken zur Seite. Sage, hast ja recht, Fado, jetzt ist nur Spazierengehen dran. Sofort ist er zufrieden. Hört auf zu toben und zu quengeln. Springt nicht mehr herum. Und zieht nicht mehr an der Leine. 
Und das gilt für beide: den Fado und meine kreisende Gedanken. 
Der Hund hat recht. Das, was ich mache soll ich ganz machen. Und wenn es nur ein Spaziergang ist.

Anke Stalling
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