Ich habe eine Freundin, die in Schwierigkeiten ist. Erst habe ich mir noch nichts dabei gedacht, dass sie nicht ans Handy geht. Als aber auch am Festnetz in ihrem Büro nicht einmal mehr der Anrufbeantworter ansprang, bin ich stutzig geworden. Hoffentlich ist sie nicht krank. Ich habe mich ins Auto gesetzt und bin zu ihr gefahren. Das schöne neue Haus leer. Ausgezogen, weggezogen? Warum weiß ich nichts davon, wir sind doch Freunde? Als ich endlich ihren Vater erreiche, kullern die Tränen. Sie kann nicht mehr, klagt er, gar nichts mehr. Totaler Burn-Out. Das war alles zuviel die letzten Jahre: die Selbständigkeit, der Hausbau, die Probleme in der Partnerschaft. Jetzt hat sie sich in eine kleine Zweizimmerwohnung verkrochen. – Beim dritten Versuch lässt sie mich rein. Sie sitzt zwischen den ausgepackten Kartons, ein Häufchen Elend. „Ich bleibe solange, bis Du mir alles erzählst“, dränge ich? Nach dem zweiten Becher Kaffee beginnt sie. Erst zaghaft, dann sprudelt alles aus ihr heraus. Heute erzählt mir Jesus das Gleichnis vom bittenden Freund persönlich, denke ich still bei mir: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“
Christian Scheuer
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