Wir kommen von zwei Seiten zum Tiefkühlregal. Vorsichtig tasten wir uns heran. Wir kommen uns näher. Aber sollen doch auf Abstand bleiben. Vielleicht will sie auch zum Joghurtregal, so wie ich? Wir sehen uns an. Beide tragen wir eine Maske. Die Maske der Frau ist eindeutig schicker. Wir kommen uns näher. Ich spüre das Unbehagen in meiner Magengegend, ich spüre die Unsicherheit bei der Dame. Näher als eineinhalb Meter sollen wir uns nicht kommen. Unsere Blicke versuchen eine Kommunikation, aber das ist nicht so einfach in diesen komischen Zeiten. Was so eine Maske doch alles macht: sie schützt vor Viren – aber sie versteckt uns voreinander. Wie eine unsichtbare Mauer.
Ich merke, was mir fehlt.
Mal sehen, einen Versuch ist es wert: ich lächle die Frau an, gebe mein Bestes.
Ja – und wenn ich das richtig deute, dann tut sie das jetzt auch.
Yes – es ist also möglich, wir strahlen uns durch zwei Masken an.
Der Kontakt ist hergestellt. Nun wird es einfacher. „Sie wollen zum Joghurt? Gehen Sie ruhig vor.“
Menschenfreundlichkeit kennt keine Grenzen.
Und selbst Masken sind ihr egal.
Ich gehe aus dem Supermarkt, nehme meine Maske ab.
Das war schön eben, denke ich.
Anke Stalling
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