Ostergottesdienst. Ist schon wieder ein paar Takte her.
Vorne in der Kirche steht ein Kreuz, so groß wie ein Kind.
Es ist mit einer Art Maschendrahtzaun überspannt.
Sieht nicht wirklich hoffnungsfroh aus an diesem Ostersonntag.
Eher das Gegenteil. Kalt und grau, fast schon bedrohlich.
So, als wäre es da vorne vergessen worden.
Es bleibt aber da stehen den ganzen Gottesdienst.
Es gibt Lieder und Geschichten, die von Hoffnung und von Licht und so erzählen.
Man merkt, die das vorbereitet haben, haben sich Zeit dafür genommen.
Ihnen es wichtig, dass sie ankommt, die Botschaft vom Leben.
Dass die Liebe stärker ist als jeder Tod.
Worthülsen, denke ich. Und starre auf dieses schreckliche Kreuz mit dem Maschendraht. Kriege meine Augen nicht weg davon.
Jetzt kommt doch bald der Segen, oder? Und dann gibt´s erstmal Frühstück.
Hey! Es gibt noch eine Aufgabe. Wer mag, darf einen Wunsch oder ein Mutmachwort oder so auf ein buntes Band schreiben.
O.K. Ich bekomme ein rotes Band. Schreibe drauf: “Frieden”. Das fällt mir als erstes ein.
Dann gehen wir nach vorne. Dazu spielt die Orgel schöne ruhige Musik.
Wir sollen das Kreuz schmücken mit unseren Bändern.
Es dauert. Viele wollen nach vorne zu diesem Kreuz.
Manche behalten ihre Masken auf. Es sieht schon irre aus.
Das Kreuz wird bunt.
Als ich dran komme und mein Friedensband einflechte, lese ich die Worte auf einem anderen Band.
Drauf steht: “Wir sehn uns. Da, wo du jetzt bist.”
Es durchzuckt mich.
Als wir alle aus der Kirche gehen, ist das Kreuz so bunt wie nichts zweites.
Wir haben es bunt gemacht und lebendig.
Mit unserem Schmerz, unserer Hoffnung, unserer Freude.Ostern pur.
Stefan Stalling
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