Vor fast 15 Jahren habe ich mein Studium an der Kirchlichen Hochschule Bethel begonnen. Die von Bodelschwinghschen Anstalten dort kennen Sie vielleicht von den jährlichen Kleider- und Briefmarkensammelaufrufen. In Bethel in Bielefeld lebten wir Studenten in enger und fröhlicher Gemeinschaft mit den anderen Bewohnern »des Bergs«: mit Alten und Kranken, mit unauffälligen und mit total durchgeknallten Menschen. Jede Fahrt mit dem Bethelbus war ein Erlebnis. Manchmal wurde man angebrüllt, manchmal liebevoll umarmt. Kein Ort hätte besser sein können, um ganz Grundlegendes von Menschen zu lernen. Ein Intensivkurs in Sachen Nächstenliebe.
In meinen ersten Wochen saß ich einmal neben einer Frau im Gottesdienst. Sie zitterte die ganze Zeit sehr stark. Ich spürte, wie es mich verunsicherte. Sie saß mir sehr nah. Beim Segen griff sie plötzlich meine Hand. Ich brauchte Kraft, um sie zu halten. Dann legte sie ihren Kopf an meine Schulter. Es war ein verrückter, schöner Moment. Unwillkürlich hob ich selbst meinen Kopf und gemeinsam schauten wir auf zum Deckengewölbe der Zionskirche: Sterne funkelten auf uns herab und Worte aus Psalm 126: »Wenn der Herr die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden.«
Sonja Froese-Brockmann
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