„Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer.“ In diesem Vers aus Psalm 139 finde ich mich wieder und wieder. Äußerstes Meer, am Rande der Welt, eine treffende Ortsangabe für mich als Küstenbewohner. Da, wo das Land aufhört, ist bei uns an der Nordsee meistens Deich, wenn´s gut läuft Dünen und feiner Sand. In diesem tollen Sommer war ich oft am Strand, aber auch bei Wind und Wetter im Herbst wird es mich dort hinziehen. Strand ist für mich mehr als ein großer Sandkasten. Da bin ich „Am Rande der Glückseligkeit“, wie Bettina Baltschev das Buch über ihre Reise an acht Strände Europas betitelt hat. Darin erzählt sie, wie van Gogh 1882 den Strand von Scheveningen als Landschaftsmaler für sich entdeckt, das englische Seebad Brighton sich von züchtiger Bademode zu emanzipierter Freizügigkeit entwickelte und am 6. Juni 1944 an den Stränden der Normandie mit dem D-Day der Alliierten der Befreiungskrieg vom Regime der nationalsozialistischen Besatzer losbrach. Und immer wieder geht es um den Freiraum, der am Strand entsteht für das Denken und Fühlen und Lieben. „Das Grenzenlose ist dem Menschen näher“, wird der ostdeutsche Lyriker und Erzähler Hanns Cibulka zitiert, und weiter: „In allen Dingen leuchtet hier der Himmel auf.“

Christian Scheuer
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