Manchmal höre ich das noch. Jemanden beschimpft einen anderen als Esel. Soll wohl heißen der andere ist störrisch und bockig, stur und irgendwie nicht ganz auf der Höhe. Du dummer Esel. 
Das wird diesem schlauen Tier aber so gar nicht gerecht. Nicht umsonst ist es zum Haustür des Jahres 2022 gekürt worden. 
Gerade in unruhigen Zeiten kann man sich vom Esel viel abschauen. Denn im Gegensatz zum Pferd ist er kein Fluchttier. Wenn`s unruhig oder brenzlig wird, bleibt er stehen und denkt nach, bevor er einen nächsten Schritt tut. Er regt sich nicht schnell auf, seine Gelassenheit wird ihm wohl oft als Sturheit ausgelegt. 
Aber eigentlich ist das klug. Sich nicht von allem aus der Ruhe bringen lassen. Nicht gleich losstürmen oder gar weglaufen. Erst mal nachdenken. Überlegen. Und dann einen ersten Schritt tun.  
Vor allem in diesen Zeiten – in denen so vieles wirklich komplex ist. Einfache, schnelle Lösungen gibt es nicht. Weder in der Pandemie, noch in der Klimakrise und auch nicht im komplizierten Zusammenleben von Menschen und Staaaten. 

Da bräuchte es viel mehr in Anführungsstrichen „dumme“ Esel. Menschen, die nicht gleich lospreschen und die Lösung haben. Die bereit sind, eine Sache hin und her zu wenden, abzuwägen und dann erst einen Schritt tun, eine Entscheidung treffen. 

In all den Aufgeregtheiten wäre das doch wirklich gut, wenn dann unter den Menschen ein paar mehr Esel wären. 

Anke Stalling
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