Wir feiern einen plattdeutschen Gottesdienst am Erntedanktag! „Moin – vandoogseg wie Dank upplatt“ Der Ostfriesenverein und ein paar verstreute Interessierte feiern und singen miteinander und lauschen der plattdeutschen Sprache. In den hinteren Bänken hat sich eine jüngere Frau verirrt. Sie ist erst relativ knapp vor Gottesdienstbeginn gekommen und wirkt so, als wäre sie zufällig in der Kirche gestrandet. Sie lauscht gespannt der Predigt vom reichen Bauern, der die Scheunen und seinen Hals nicht vollkriegen kann. Nach dem Segen stelle ich mich an die Kirchentür und verabschiede die Gäste. Auch die junge Frau.  Sie strahlt mich an: Ich habe nichts verstanden von dem was sie gesagt haben – aber es war ein wunderschöner Gottesdienst! Ich muss schmunzeln. Was auch immer sie angesprochen hat, die Sprache ist offensichtlich völlig fremd und unverständlich geblieben. Leere Worte, die sich doch wie Fülle anfühlen. Vielleicht ist das ein Hinweis, den man dem reichen Bauern mit seinen übervollen Scheuen weitergeben könnte: Weniger ist manchmal viel mehr. Und Leere kann sich wie große Fülle anfühlen.  Es kommt immer darauf an, wie man es hört.

 

Bernhard Busemann, Pastor der Christus- und Garnisonkirche Wilhelmshaven

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