Seit ich lesen kann begleiten mich Dichterinnen. Zu Schulzeiten war es natürlich Anette von Droste Hülshoff, deren Dasein so traurig anmutet. Schon die Gedichtzeile : …und darf nur heimlich lösen mein Haar… eröffnet Bilder aus ihrem fremdbestimmten Leben. Hilde Domin dagegen, die Dichterin, die das Fühlen und Sprachempfinden von vielen Menschen geprägt hat, hat Zeitlebens an ihrer Selbstbestimmung, ihrer Eigenständigkeit gearbeitet. Ihr Satz: „ Dem Wunder leise, wie einem Vogel, die Hand hinhalten“ ist den meisten geläufig, wer mag, findet in ihren Gedichten nahezu die Erfahrung eines ganzen Jahrhunderts. Sie findet Sprachbilder, die in uns Fantasien entstehen lassen, die mich atemlos, sprachlos machen: „ Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug“, zum Beispiel, oder „Nur eine Rose als Stütze“. Heute dichten Menschen anders. Dass das Gedicht eine Art „Come back“ hat, dass junge Menschen uns sprachlich durchschütteln, erstaunen und hellwach machen, verdanken wir dem Poetry Slam, dieser Art Dichterwettstreit, der seit einigen Jahren hier und da, in Jugendzentren, Bildungsstätten oder auf Kleinkunstbühnen ausgetragen wird.
Vordringlich junge Menschen sprechen ihre Texte, auf ihre Weise, in ihrem Tempo, über ihre Themen, mit ihrem Sinn für Sprache. Bewundernswert.
Christa Bruns
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